Geldanlage: Investieren in eine bessere Welt
Immer mehr Anleger wollen ihr Geld unter Beachtung ökologischer und sozialer Kriterien investieren. Sie wollen wissen, was ihr Geld bewirkt. Rendite ist nicht mehr das Einzige, was zählt. Klimaschutz, Einhaltung sozialer Standards und gute Unternehmensführung werden zu wichtigen Bedingungen der Investitionsentscheidung. Gleichzeitig haben die Marketingabteilungen der Anbieter den Zeitgeist aufgegriffen. Die Nachhaltigkeit einer Geldanlage zählt derzeit zu den wichtigsten Verkaufsargumenten. Doch manche Ökoanlage ist bei genauerem Hinsehen eine reine PR-Maßnahme. Der Unterschied zwischen einer wirklich nachhaltigen Geldanlage und sogenanntem Greenwashing ist fließend. An welchen Kriterien sich Anleger bei der Suche einer nachhaltigen Geldanlage orientieren können, erläutert Marion Lamberty, Geschäftsführende Gesellschafterin des VAA-Kooperationspartners FVP Gesellschaft für Finanz- und Vermögensplanung mbH in Köln.
Als Standard nachhaltiger Anlagen hat sich die Begrifflichkeit „ESG“ etabliert. Diese drei Buchstaben stehen für Environment (Umwelt), Social (Soziales) und Governance (gute Unternehmensführung). Sie beschreiben drei nachhaltigkeitsbezogene Verantwortungsbereiche von Unternehmen. Die EU hat mit den „ESG-Standards“ Regularien entwickelt, die diese Nachhaltigkeitsaspekte zwingend stärker in den Fokus der Geldanlage rücken werden. Dabei fehlt es jedoch an einer einheitlichen Begriffsdefinition für nachhaltige Geldanlagen. Während langfristige Investoren schon aus Rentabilitätsgründen den Bereich gute und nachhaltige Unternehmensführung berücksichtigen, gehen die Meinungen bei der Bewertung von Umweltaspekten oder sozialen beziehungsweise ethischen Standards auseinander. Eine erste grobe Orientierung bieten Selbstverpflichtungen der Branche oder Nachhaltigkeitsratings.
Mangelnde Verbindlichkeit und unterschiedliche Wertvorstellungen
Die „UN Principles for Responsible Investment“ (PRI), durch die sich Kapitaleigner, Vermögensverwalter und Finanzdienstleister verpflichten, künftig ESG-Aspekte bei allen Aktivitäten zu beachten, haben schon mehr als 1.000 Unternehmen weltweit unterzeichnet – neben dem Norwegischen Staatsfonds auch umstrittene Branchenriesen wie BlackRock. Kritiker bemängeln fehlende Mindestanforderungen der Initiative. Doch viele PRI-Mitglieder sind ernsthaft bei der Sache und nehmen ESG-Kriterien in die Analysen von Aktien, Anleihen oder Immobilien auf.
Nachhaltigkeitsratings sollen dem Anleger helfen, Geldanlagen unter ESG-Kriterien zu bewerten. Aber die Urteile sind häufig nicht eindeutig. Immer wieder erhalten die gleichen Unternehmen, Anlagekonzepte oder Investmentfonds bei verschiedenen Nachhaltigkeitsratings völlig unterschiedliche Bewertungen. Dies basiert in aller Regel nicht auf Fehlurteilen, sondern auf unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen und Werten der Agenturen. Trotz abweichender und manchmal widersprüchlich erscheinender Resultate sind Ratings für Investoren eine wichtige Informationsquelle. Doch einfach Aktien oder Investmentfonds nach einer Ratingnote zu kaufen, reicht nicht aus. Jeder Anleger muss die Zeit investieren und vorab für sich klären, welche Aspekte von Nachhaltigkeit für ihn besonders wichtig sind und welche Ratings diese ausreichend berücksichtigen – ein mühsamer Prozess.
Nachhaltig investierende Fondsmanager gesucht
Gleichzeitig hat ein Privatanleger kaum die Möglichkeit, komplexe Angebote vermeintlich nachhaltiger Geldanlagen mit seinen eigenen Werten abzugleichen. Er hat mit seinen Fragen auch in aller Regel keinen Ansprechpartner im Management der Unternehmen, in die er investieren möchte. Einfacher ist es, einen Fondsmanager zu beauftragen, dessen Nachhaltigkeitsvorgaben den eigenen Vorstellungen entsprechen. Auch wenn Gewinnerzielung die wichtigste Aufgabe bleibt, wird ein nachhaltig agierender Manager nur solche Anlagen im Fonds verwalten oder Fondsmanager für die einzelnen Anlagesegmente beauftragen, die seine Anforderungen an die ESG-Kriterien erfüllen oder die auf dem Weg sind, sich zu verbessern. Einige Profis arbeiten dabei vereinfachend mit Ausschlusslisten, um Branchen oder Länder zu meiden, in denen mögliche ESG-Risiken verstärkt auftreten können. Darüber hinaus hat ein Fondsmanager durch sein Anlagevolumen einen Zugang zum Management des Unternehmens und kann seinen Einfluss als Kapitalgeber nutzen. Er kann das Management auf potenzielle ESG-Risiken aufmerksam machen. Somit treffen viele nachhaltig investierende Fondsmanager nicht nur eine Auswahl, sondern können bei Unternehmen und in Branchen positive Veränderungen anstoßen. Eine Investition in nachhaltige Geldanlagen lohnt sich dann nicht nur für den Anleger, sondern auch für die Gesellschaft.
Auch wenn Nachhaltigkeit sehr unterschiedlich definiert wird, hat der Trend zumindest eines schon erreicht: Kaum ein Unternehmen kann es sich noch leisten, auf ein klar definiertes Nachhaltigkeitsprogramm zu verzichten. Wer sich verweigert, wird von immer mehr Anlegern gemieden. Dagegen finden Unternehmen mit einem zukunftsorientierten, nachhaltigen Geschäftsmodell erleichterte Finanzierungsbedingungen und ihre Aktien und Anleihen werden bei gleichem Unternehmensergebnis stärker nachgefragt. Die gezielte nachhaltige Geldanlage hat so das Potenzial zu einer positiven Veränderung des Wirtschaftens. Wenn die Nachhaltigkeitswelle in der Finanzbranche dazu führt, tatsächlich mehr als nur schöne grüne Broschüren zu produzieren, wäre ein wichtiger Schritt hin zu einer besseren Welt geschafft.
Marion Lamberty ist Geschäftsführende Gesellschafterin der FVP Gesellschaft für Finanz- und Vermögensplanung mbH in Köln.
www.fvp-gmbh.de