Krieg in der Ukraine: Was sind uns unsere Werte wert?
ULA-Politik-Dialog (digital) |
mit Dr. Janis Kluge (Forschungsgruppe Osteuropa und Eurasien – Stiftung Wissenschaft und Politik) |
31.03.2022, 12:00-13:00 Uhr |
Können die europäischen Sanktionen den russischen Präsidenten zum Einlenken im Angriffskrieg gegen die Ukraine bewegen? Darüber haben wir bei unserem ULA-Politik-Dialog Spezial mit dem Osteuropa-Experten Dr. Janis Kluge von der Stiftung Wissenschaft und Politik gesprochen.
„Die Sanktionen sind derzeit auf ein langfristiges Containment fokussiert“,
erläuterte Kluge den teilnehmenden Führungskräften. Von Sanktionen gingen immer drei Ziele aus: die Signalwirkung, die Erzeugung von Verhandlungsmasse und die langfristige Eindämmung und Beschränkung militärischer Fähigkeiten. Letztere stehen aktuell im Fokus. Den Selbstsanktionen von Unternehmen komme dabei eine ebenso wichtige Rolle wie den Sanktionen staatlicher Akteure zu.
Wenngleich die russische Wirtschaft im ersten Moment durch die rund 3.600 westlichen Sanktionen hart getroffen wurde, war der russische Staat und seine Zentralbank mit der Anhebung des Leitzinses auf 20 Prozent sowie strikten Kapitalverkehrskontrollen in der Lage, diese aufzufangen. Insgesamt geht Kluge davon aus, dass bedingt durch hohe Erlöse aus Energieverkäufen der letzten zwei Jahre der russische Staatshaushalt in der Lage sein wird, die Sanktionsfolgen kurzfristig zu kompensieren und in diesem Jahr sogar mit einem Haushaltsüberschuss abzuschließen.
Der politischen Wirksamkeit von Sanktionen gegenüber russischen Oligarchen steht Kluge skeptisch gegenüber, da die politische Macht der Oligarchen seit Anfang der 2000er Jahre nach und nach zurückgedrängt wurde. Mit Blick auf die Ausrichtung der europäischen und deutschen Industriepolitik rechnet Kluge mit mehr staatlichen Eingriffen, insbesondere im Energiesektor.
ULA-Präsident Roland Angst kommentierte:
„Die Sanktionen werden die Russischen Föderation langfristig isolieren und vom internationalen Handel abschneiden. Gleichzeitig dürfte die Bereitschaft der deutschen und europäischen Politik darin gestiegen sein, wirtschaftliche Abhängigkeiten fortan stärker in den sicherheitspolitischen Blick zu nehmen. Die angekündigte Zeitenwende setzt Mut und Willen zur Führung voraus.“