Politik-Dialog: Schreckgespenst Inflation – Ausblick und Handlungsoptionen

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Politik-Dialog (digital)

mit Reinhold Hilbers, MdL (CDU) Niedersächsischer Finanzminister
und Prof. Dr. Friedrich Heinemann, ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung
Leiter des-Forschungsbereichs „Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft“
30.05.2022, 18:00-19:15 Uhr

Wir alle spüren die Inflation derzeit täglich – ob im Supermarkt, an der Tankstelle oder auf der Stromkostenrechnung. Nach Jahren niedriger Inflationsraten ist sie damit derzeit eines der Hauptthemen in Deutschland. Dabei wird unter anderem über folgende Fragen diskutiert: Sind die derzeitigen hohen Inflationsraten nur vorübergehender Natur oder werden sie uns noch länger begleiten? Wird die Inflation die deutsche Wirtschaft womöglich beim Wiederaufschwung behindern? Welche Rolle spielt die EZB mit ihrer lockeren Geldpolitik? Welche Handlungsgebote haben die politischen Entscheidungsträger hierzulande, um unseren Wohlstand zu bewahren?

Der Niedersächsische Finanzminister Reinhold Hilbers MdL und Prof. Dr. Friedrich Heinemann, Leiter des-Forschungsbereichs „Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft“ des ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung, zeigten am 30. Mai den mehr als 70 Teilnehmenden Führungskräften in ihren Eingangsstatements des gemeinsamen Politik-Dialogs der Verbände ULA und bdvb auf, wie sich die aktuell 7,9 Prozent Inflation auf die Bürger und Unternehmen hierzulande auswirken werden.

„Auch wenn die aktuell sehr hohe Inflation zu einem guten Teil durch die Pandemie und den Ukraine-Krieg getrieben ist, ist eine Rückkehr zur Preisstabilität in der Eurozone überhaupt nicht selbstverständlich“, konstatierte Friedrich Heinemann. „Langfristig sprechen der sich demographisch verschärfende Arbeitskräftemangel und die Energie-Transformation eher für dauerhaft höhere Inflationsraten.“ Außerdem zeigte sich Friedrich Heinemann besorgt über die derzeitige Schuldensituation in der Eurozone: „Vor allem aber werfen die sehr hohen Schuldenstände einiger Euro-Staaten die Frage auf, wie viel Spielraum die EZB überhaupt für Zinserhöhungen zur Inflationsbekämpfung noch hat.“

„Die Inflation droht sich festzusetzen, ein Ende ist nicht abzusehen. Inflation bedeutet Wohlstands- und Kaufkraftverluste für die breite Mitte der Gesellschaft und betrifft vor allem einkommensschwache Haushalte“, mahnte Finanzminister Reinhold Hilbers. Wichtig sei eine gezielte Entlastung. Kurzfristige Unterstützungsmaßnahmen mit der Gießkanne lehnte der Minister ab. „Der Staat kann nicht alles kompensieren. Das Problem kann nur gelöst werden, wenn die EZB ihre lockere Geldpolitik beendet. Für Deutschland fordere ich seit langem eine weniger expansive Fiskalpolitik und einen Stopp der Neuverschuldung. Neue Schulden treiben die Inflation an. Daneben gilt es, Bürger und Wirtschaft steuerlich entlasten, um Wachstum zu fördern. Nötig sind deshalb eine Reform der Unternehmensteuern und ein zügiger Abbau der kalten Progression. Der Staat darf nicht von der Inflation profitieren.“

 Der Präsident des Bundesverbands Deutscher Volks- und Betriebswirte (bdvb), Willi Rugen, bekräftigte die Meinung der Referenten und warnte: „Laut einer noch unveröffentlichten Umfrage zur derzeitigen Inflationsentwicklung schätzt eine Mehrheit unserer Mitglieder die Gefahr einer Stagflation als hoch bis sehr hoch ein. Eine Bekämpfung der Inflation durch staatliche Eingriffe in den Preismechanismus lehnen wir ab. Dies ist Aufgabe der EZB, die diese jetzt aber mit dem Einsatz des ihr zur Verfügung stehenden geldpolitischen Instrumentariums auch wahrnehmen muss.“ Willi Rugen wies darauf hin, dass die hohen Preise für Öl und Gas auch eine Chance sind: „Die relativen Preise auf den Energiemärkten stellen für Verbraucher einen Anreiz dar, Energie effizienter zu nutzen und von fossilen auf erneuerbare Energieträger umzurüsten.“

Der Präsident der ULA-Deutscher Führungskräfteverband, Roland Angst, mahnte: „Wir alle spüren die Inflation derzeit täglich – ob im Supermarkt, an der Tankstelle oder auf der Stromkostenrechnung. Nach Jahren niedriger Inflationsraten ist sie damit derzeit eines der Hauptthemen in Deutschland. Statt Aktionismus gilt es, ordnungspolitische Grundsätze wie solide Haushaltsführung und einen Fokus auf Investitionen in Wachstumsbereiche zu wahren. Wir müssen Leistungsträger dauerhaft dazu in die Lage versetzen, Leistung zu erbringen und Verantwortung übernehmen zu können.“ Der ULA-Präsident dankte zudem den zahlreichen Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus den beiden Verbänden. Die hohe Beteiligung zeigt, dass die Themensetzung dieses ersten gemeinsam vorbereiteten Politik-Dialogs aktueller nicht hätte sein können.