Mehr Freiheit und weniger Belastung wagen!

, ,

Der Steuerzahlergedenktag fiel in diesem Jahr auf den 12. Juli. Rein rechnerisch haben bis dahin Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer für die öffentlichen Kassen gearbeitet. Erst danach erwirtschaften sie Geld, über das sie tatsächlich selbst entscheiden können. Der kalendarische Schnitt kommt in diesem Jahr einen Tag früher als im vergangenen, denn die Belastung fällt mit voraussichtlich 52,7 Prozent um 0,3 Prozentpunkte niedriger aus als 2022. Bei Weitem zu hoch ist sie weiterhin – der Bund der Steuerzahler erklärt warum. Mit großem Einsatz haben wir für die Beseitigung der kalten Progression im Einkommensteuerrecht gekämpft. Es war tatsächlich ein Kampf, aber er hat sich gelohnt. Wäre dem nicht so, wäre die Belastungsquote 2023 deutlich höher ausgefallen und hätte das Vorjahresniveau von 53 Prozent locker gerissen. Stattdessen steigen die Einkommensteuerlasten nur moderat. Mit 52,7 Prozent gibt der Steuerzahler aber auch in diesem Jahr wieder mehr an die öffentliche Hand ab, als er für sich selbst behält. Der Staat sollte diese Leistung durch verantwortungsvollen Umgang mit dem Geld anderer belohnen. Doch das gelingt ihm nicht immer.

Leider bleibt das leichte rechnerische Minus der Belastungen im Vergleich zum Vorjahr die einzige positive Nachricht beim Thema der Steuer- und Abgabenlast. Ihm gegenüber stehen einige schlechte Nachrichten und düstere Entwicklungen. Die Sozialabgaben etwa sind weiterhin gewachsen. So wurden die Beitragssätze in der Arbeitslosenversicherung erhöht. Auch in der Kranken- und Pflegeversicherung steigen die Beitragssätze – was mittlerweile schon zu einer traurigen Tradition geworden ist. Traurig auch deshalb, weil die Politik keine spürbaren Anstrengungen unternimmt, Effizienzreserven zugunsten der Beitragszahler tatsächlich zu nutzen. Das trifft alle gleichermaßen – aber diejenigen, die ohnehin schon am meisten bluten, zusätzlich hart. Gemeinsam müssen wir uns deshalb für den Erhalt der Beitragsbemessungsgrenzen einsetzen.

Dass die Belastung trotz dieser dicken Bretter um 0,3 Prozentpunkte leicht gesunken ist, liegt vor allem an indirekten Steuern und Quasisteuern. Die Absenkung der CO2-Abgabesätze für Kraft- und Heizstoff sowie die Reduktion des Umsatzsteuersatzes für Erdgas auf sieben Prozent federn manches ab. Die Immobilienumsätze der Bürgerinnen und Bürger sinken – damit sind sie auch weniger durch Grunderwerbsteuern belastet. Hinzu kommt der Wegfall der EEG-Umlage als scheinbare Entlastung, denn als Stromkunde zahlt man sie nicht mehr. Gut fürs Gefühl, am Ende aber eben mehr Schein als Sein. Abgesägt ist diese Subvention der Energieversorger keineswegs, sie wird nun lediglich direkt aus dem Bundeshaushalt bezahlt, also durchaus weiter vom Steuerzahler gestemmt.

Unter dem Strich bleibt es dabei, dass Arbeitnehmerhaushalte mehr als die Hälfte ihres Erwerbseinkommens nicht zur freien Verfügung haben. Das betrifft vor allem diejenigen Steuerzahler, die dem Spitzensteuersatz verpflichtet und damit am stärksten belastet sind. Eine staatliche Umverteilung von mehr als 50 Prozent des individuellen Einkommens ist aus meiner Sicht nicht akzeptabel. Dieses Ausmaß schränkt Erwerbsanreize ein und verletzt das Gerechtigkeitsempfinden vieler Menschen. Sie nehmen das Verhältnis ihrer Abgaben und Belastungen zu ihrem Netto in der Tasche zurecht als unfair wahr. Wir haben in jüngster Vergangenheit viele Maßnahmen gesehen, die zur Inflationsbekämpfung dienen, den Arbeitsmarkt stabilisieren und scheinbar für mehr Gerechtigkeit sorgen sollen. Was aber fehlt, ist eine Reform des Einkommensteuertarifs. Zu schnell landen Facharbeiter in der Spitzenbesteuerung, Überstunden erfreuen Finanzämter und Sozialkassen – und Gehaltssteigerungen werden oft in Urlaubsansprüche umgewandelt. Ob wir so unseren Wohlstand sichern können?

Gelegentlich wird unser Steuerzahlergedenktag kritisiert, weil wir angeblich die vielen Leistungen des Staates und der sozialen Sicherungssysteme verschweigen. Das tun wir nicht! Dennoch, das Geld ist nicht weg, aber es haben andere! Zudem reden wir nicht über radikale Forderungen, sondern das Ziel, wenigstens über die Hälfte des selbst erwirtschafteten Einkommens verfügen zu können.

Natürlich basiert der 12. Juli auf einem Durchschnittswert, den der Bund der Steuerzahler mithilfe von Zahlen des Statistischen Bundesamts errechnet. Die individuellen Belastungswerte liegen gerade bei höheren Einkommen häufig darüber. Wie hoch Ihre individuelle Belastung und wann Ihr persönlicher Steuerzahlergedenktag ist, können Sie mit unserem Onlinerechner ermitteln. Mit ihm können Sie nachvollziehen, an welchen Stellen Steuern und Abgaben bezahlt werden, wie stark das Einkommen insgesamt sowie im bundesdeutschen Vergleich belastet ist und bis zu welchem Tag Sie rechnerisch für öffentliche Kassen gearbeitet haben.