Homeoffice-Urteil: Mitbestimmungspflicht bei Regelung zur Rückkehr ins Büro
Wenn Arbeitnehmer laut Betriebsvereinbarung in Abstimmung mit ihren Vorgesetzten individuelle Absprachen über mobiles Arbeiten treffen können, ohne das „Wie“ zu regeln, ist eine allgemeine Weisung des Arbeitgebers, wonach eine Anwesenheit an vier Tagen pro Monat geboten ist, mitbestimmungspflichtig. Dies hat das Landesarbeitsgericht München entschieden.
Konkret hatte ein Arbeitgeber mit dem Betriebsrat des Unternehmens im Jahr 2016 in eine Betriebsvereinbarung abgeschlossen, die unter anderem die Möglichkeit individueller Vereinbarungen über mobiles Arbeiten in Abstimmung mit dem Vorgesetzten vorsah. Der deutlich überwiegende Teil der Arbeitszeit sollte laut Betriebsvereinbarung jedoch am regelmäßigen Arbeitsplatz geleistet werden. Während der Coronapandemie räumte das Unternehmen den Beschäftigten dann zunächst die Möglichkeit ein, nach Abstimmung mit der Führungskraft auch mobil zu arbeiten. Im weiteren Verlauf der Pandemie wurde den Mitarbeitern vom Arbeitgeber empfohlen, von zu Hause zu arbeiten. Ab März 2022 galt dann eine Regelung, wonach bis zu 50 Prozent der Mitarbeiter eines Bereichs „auf Grundlage des Freiwilligkeitsprinzips“ die Möglichkeit angeboten wurde, zeitgleich im Büro zu arbeiten. Im Wortlaut hieß es in der Regelung: „Jede/r Kolleg:in entscheidet dabei weiterhin frei, ob er/sie im Büro arbeitet.“
Nach dem Ende der Coronapandemie und dem Auslaufen zwischenzeitlich aufgrund des russischen Kriegs gegen die Ukraine getroffener Energiesparmaßnamen teilte der Arbeitgeber den Mitarbeitern am 28. März 2023 per Videokonferenz mit, dass die bisherige Regelung zum 31. März 2023 auslaufen werde und veröffentlicht eine Intranet-Mitteilung, mit der vier Präsenztage pro Monat auf Basis eines Katalogs mit Präsenzgründen sowie weitere Präsenz bei bestimmten betrieblichen Gründen angeordnet wurden. Der Betriebsrat sah dadurch seine Mitbestimmungsrechte verletzt und stellte im Eilverfahren vor dem Arbeitsgericht erfolglos den Antrag, das Unternehmen zur Rücknahme seiner Anordnung zu verpflichten.
Das Landesarbeitsgericht (LAG) München gab dagegen dem Antrag des Betriebsrats hingegen statt (Urteil vom 10. August 2023, Aktenzeichen: 8 TaBVGa 6/23). Das LAG verdeutlichte, dass nicht das „Ob“ mobiler Arbeit, sondern nur das „Wie“ der Mitbestimmung durch den Betriebsrat unterliegt und zum „Ob“ auch die grundsätzliche Bemessung des Kontingents an mobiler Arbeit zähle.
Die durch den Arbeitgeber kommunizierte Regelung beschränke sich aber nicht auf eine Einschränkung des Zeitkontingents für das mobile Arbeiten oder die Konkretisierung der geltenden Betriebsvereinbarung aus dem Jahr 2016. Vielmehr ziele das Unternehmen damit auf eine Umgestaltung der Rechtslage hinsichtlich des „Wie“ der mobilen Arbeit im Betrieb ab. Die Anordnung des Unternehmens sei somit mitbestimmungspflichtig und müsse zurückgenommen werden, bis mit dem Betriebsrat eine Einigung erzielt worden sei.