Leitende Ärztinnen und Ärzte treten ULA-Netzwerk bei
Im Deutschen Führungskräfteverband ULA gibt es Zuwachs: Neu dabei seit diesem Jahr ist der Verband leitender Krankenhausärztinnen und -ärzte (VLK). Im Interview mit den ULA Nachrichten sprechen VLK-Präsident Priv.-Doz. Dr. med. Michael A. Weber und ULA-Präsident Roland Angst über die Bündelung der Kräfte für eine noch bessere Interessenvertretung.
ULA-Nachrichten: Welche besondere Bedeutung hat der Beitritt des VLK für das ULA-Netzwerk, insbesondere mit Blick auf die Themen Gesundheitswirtschaft und Führungskompetenz?
Roland Angst: In der kommenden Legislaturperiode müssen grundlegende Weichenstellungen erfolgen, um unseren Wirtschaftsstandort und die Sozialsysteme wieder wettbewerbsfähig zu machen. Der Deutsche Führungskräfteverband ULA ist die Stimme für Leistung und Verantwortung. Bereits heute gibt der Verband branchenübergreifend angestellten Fach- und Führungskräften eine starke Stimme in Berlin und Brüssel. Der Beitritt des Verbands der leitenden Krankenhausärztinnen und -ärzte (VLK) ist ein wichtiger Schritt, um die Position der ULA im Gesundheitssektor weiter zu stärken. Mit dem VLK gewinnt die ULA nicht nur eine starke und überaus sachverständige Stimme aus der Gesundheitswirtschaft, sondern auch neue Impulse für die Weiterentwicklung von Mitbestimmung und Führungskultur.
Die Mitglieder des VLK bringen wertvolle Erfahrungen aus einem anspruchsvollen Umfeld ein. Sie stehen für verantwortungsvolle Entscheidungen, die medizinische und betriebswirtschaftliche Aspekte gleichermaßen berücksichtigen. Diese Expertise bereichert die politische Interessenvertretung der ULA und trägt dazu bei, gerechte Rahmenbedingungen in der Gesundheitswirtschaft zu schaffen.
Darüber hinaus ermöglicht die Verbindung mit dem VLK der ULA, neue Mitgliedergruppen zu erschließen. Gleichzeitig profitieren die Mitglieder des VLK von der breiten politischen Plattform der ULA, um ihre Anliegen wirkungsvoll einzubringen.
Welche Gründe haben den VLK dazu bewogen, Mitglied der ULA zu werden?
Michael A. Weber: „Gemeinsam ist man stärker“ . Als Mitglied der ULA haben wir die Möglichkeit eine starke gemeinsame Interessenvertretung in den zentralen gesellschaftspolitischen Debatten mit unserer Expertise der und unseren Kontakten in die Gesundheitspolitik zu ergänzen. Die zentrale Rolle eines funktionierenden Gesundheitssystems i.S , eines flächendeckenden, wohnortnahen Zugangs für Patientinnen und Patienten als Rückgrat für eine funktionierende bzw. florierende Wirtschaft kann dabei branchenübergreifend für alle relevanten Stakeholder aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft sichtbar gemacht werden. Dabei können wir zusätzlich durch die in der ULA gebündelten Erfahrungen und Kompetenzen auf weiteren Gebieten profitieren und zudem unsere die Reichweite und Schlagkraft in der Presse – und Öffentlichkeitsarbeit durch Vernetzung und Bündelung unserer Aktivitäten steigern.
Die starke Alterung der Gesellschaft und der medizinische Fortschritt stellen die gesetzlichen und privaten Anbieter der Kranken und Pflegeversicherung als Kostentreiber vor große Herausforderungen. Welche gesundheitspolitischen Prioritäten setzt die ULA in diesem Jahr? Wie lässt sich insbesondere angesichts der hohen zusätzlich durch die Inflation getriebenen Steigerungen ein weiterer Anstieg dämpfen?
Roland Angst: Wir müssen das Wahljahr 2025 dafür nutzen, die Rahmenbedingungen auch für das Gesundheitswesen zu verbessern. Die ULA setzt sich dafür ein, nachhaltige Veränderungen bei den Gesundheitskosten voranzutreiben. Angesichts der wachsenden Belastung durch hohe Sozialabgaben in allen Systemen der sozialen Sicherung, verbietet es sich, die Beitragszahler und die Arbeitgeber mit einem weiteren Anstieg der Gesundheitskosten zu belasten. Stattdessen müssen Reformen auf der Ausgabenseite ansetzen.
Ich nenne als Schlagworte: Prävention und Eigenbeteiligung auf Patientenseite und systemische Anreize zur Effizienzsteigerung auf Seiten der Leistungserbringer. Wir wissen aber auch, dass die Steigerungsmöglichkeiten in der Effizienz irgendwann ausgereizt sind. Was uns sicher helfen wird, sind Digitalisierung und Künstliche Intelligenz. Denn wir brauchen schnell eine Entlastung der ärztlichen Berufe von fachfremder Bürokratie.
Meine optimistische Vision der Zukunft ist eine sprechende KI, die gleichzeitig Wegweiser, Begleiter, Schnittstelle zur Versicherung und Patientenakte etc. einer behandlungsbedürftigen Person während ihres Aufenthaltes in einer Gesundheits- oder Pflegeeinrichtung ist und das ärztliche Personal sich wieder auf die Kernaufgaben Diagnose und Therapie beschränken kann. Stellen Sie sich eine sprechende kleine Box zum Umhängen vor, so ähnlich wie der digitale Tourguide, den wir aus den Museen kennen.
Angesichts der stetig steigenden Kosten im Gesundheitssystem: Welche konkreten Beiträge können leitende Krankenhausärzte zur Bewältigung dieser Herausforderungen leisten?
Michael A. Weber: Vor allem die demographische Entwicklung unserer Gesellschaft lassen befürchten, dass die Kosten im Gesundheitswesen und im Bereich der pflegerischen Versorgung weiter steigen. Die im Krankenhaussektor geplanten Reformmaßnahmen werden frühestens ab 2027 eine Wirkung entfalten. Gemeint sind hier eine Effizienzsteigerung durch Zentralisierung von komplexen Leistungen und dadurch Abbau von Krankenhausstandorten sowie eine deutlich stärkere ambulante Erbringung von Operationen. In den vergangenen drei Jahren hat sich aber bei fehlender Erlösanpassung trotz Inflation und Tarifsteigerungen im Klinikbereich ein riesiger Defizitbetrag aufgebaut, der von der kommenden Bundesregierung durch eine schon lange geforderte Überbrückungsfinanzierung erstmal ausgeglichen werden muss, bevor Einsparungen zum Tragen kommen. Sonst werden wir eine weitere deutliche Zunahme von Klinikinsolvenzen einerseits und Überlastung der Haushalte von Kommunen und anderer Träger andererseits sehen.
Welche Rolle spielen Gleichstellungsfragen für die Mitglieder des VLK und was möchten Sie dazu durch die Zusammenarbeit mit der ULA erreichen?
Michael A. Weber: Die Medizin wird weiblicher. Derzeit sind bereits über 60% der Studienabgänger im Fach Medizin weiblich mit weiter zunehmender Tendenz. Im Bereich der Klinikleitungen sind Frauen aber weiter unterrepräsentiert, was vor allem der zu hohen Belastung durch Arbeitszeiten und Bereitschaftsdienste in der entscheidenden Phase der Familiengründung und Weiterbildung geschuldet ist. Die führen zu erheblichen Verzögerungen genau in den Momenten der Weiterbildung, in denen die entscheidenden Weichen gestellt werden. Aber Teilzeitanstellung und Jobsharing sind auch in Leitungsfunktionen auf dem Vormarsch und bieten sich als eine mögliche Lösung an.
Wo liegen die Gemeinsamkeiten von VLK und ULA und wo können sie sich bestmöglich ergänzen?
Roland Angst: Der VLK und die übrigen Mitgliedsverbände der ULA verfolgen dasselbe Ziel: die Interessen von Führungskräften effektiv zu vertreten und ihre Arbeitsbedingungen zu verbessern. Beide Organisationen setzen auf die Stärkung der Mitbestimmung für Führungskräfte und nachhaltige Führung. Über die vorhandene Reputation der ULA als Dachverband können fachliche Anliegen gebündelt und wirkungsvoller in Richtung Politik platziert werden.
Auf nationaler und europäischer Ebene können ULA und VLK gemeinsam großen Einfluss nehmen. Ein Beispiel dafür ist ihr Engagement gegen die Aushöhlung des deutschen Mitbestimmungsrechts durch europäische Regelungen. Die enge Zusammenarbeit zwischen beiden Verbänden schafft Mehrwert für alle Beteiligten und zeigt, dass Führungskräfte durch starke Allianzen ihre Rechte und Interessen wirkungsvoll verteidigen können.