Dokumentation des ULA-Sprecherausschusstags 2017

Durchgeführt am 31. Mai und 1. Juni 2017 in Berlin

Nachfolgend sind für die Vorträge der Veranstaltung abrufbar

  • Fotos
  • Kurzfassungen der Vorträge
  • Auszüge in Form von Audio-Dateien (soweit sie von den Referenten freigegeben wurden)
  • Vortragsfolien (soweit sie von den Referenten freigegeben wurden)

Eröffnungsvortrag von Dr. Roland Leroux
ULA-Präsident

Foto: Jens Gyarmaty

Dr. Roland Leroux
ULA-Präsident

Zur Eröffnung begrüßte ULA-Präsident Dr. Roland Leroux die Teilnehmer, die anwesenden Referenten und Gäste. Er dankte auch der Volkswagen AG für die Aufnahme der Veranstaltung in ihren Räumen Unter den Linden.

Als Veranstalter habe man in diesem Jahr bewusst einen internationalen Fokus gewählt.

Außenpolitische Unsicherheiten prägten Ende 2015, bei Beginn der Planungen der diesjährigen Veranstaltungen, das Klima. Auch der Ausgang der französischen Präsidentschaftswahlen, unmittelbar vor dem Termin des ULA-Sprecherausschusstags, war damals noch offen. Nach der nunmehr feststehenden Wahl Emmanuel Macrons sei es besonders erfreulich mit Professor Christian Lequesne und der FAZ-Korrespondentin Michaela Wiegel gleich zwei Kenner der französischen Politik als Redner gewonnen zu haben.

Auch Mitbestimmung habe richtigerweise einen festen Platz im Programm. Die ULA als Vertretung von rund 60.000 Führungskräften in Deutschland und als wichtiger Mitgliedsverband der CEC European Managers stütze die Mitbestimmung. Mitbestimmung so wie sie in Deutschland praktiziert werde, stelle sich mehr und mehr als Wettbewerbsvorteil heraus. Diese Einsicht verbreite sich mittlerweile auch innerhalb Europas. Sie sei mitnichten „Klotz am Bein“, sondern wirke motivierend und stärkend.

Dr. Roland Leroux, Diplom-Chemiker, ist Leiter Sicherheit, Gesundheit und Umwelt des SCHOTT-Konzerns sowie Datenschutzbeauftragte der SCHOTT AG. Er ist außerdem Vorsitzender des Gesamtsprecherausschusses der SCHOTT AG. Im ULA-Mitgliedsverband VAA ist er seit 2011 im Verbandsvorstand vertreten. Daneben ist er seit 2012 Präsident des Europäischen Führungskräfteverbandes Chemie, FECCIA. Im Mai 2014 wurde Roland Leroux erstmals zum Präsidenten der ULA gewählt.

Dr. Roland Leroux über die Bedeutung der Mitbestimmung heute.

Vortrag von Professor Dr. Heiner Flassbeck
zur Eröffnung des Themenblocks „Europa – Krisenspirale oder Neustart?“

Foto: Jens Gyarmaty

Professor Dr. Heiner Flassbeck
früherer Chefvolkswirt der UNCTAD und Herausgeber von Makroskop

Professor Flassbeck führte in seinem Vortrag „Europäische Integration? Was lief und was läuft falsch?“ aus, dass die deutsche Wirtschaftspolitik die europäische Währungsunion spalte. Kernproblem seien in Deutschland die Lohnzurückhaltung („Lohndumping“) und die Sparwut. In der neuen deutschen Welt würden nicht nur die Haushalte und der Staat sparen, sondern mittlerweile auch die Unternehmen. Das führe zu Deflation.
Die niedrigen Löhne führten zwar im Inland zunächst zu einer geringen Arbeitslosigkeit und international zu wettbewerbsfähigen Unternehmen. Am Ende aber lasse die Nachfrage nach und die Unternehmen schadeten sich dadurch selbst. Niedrigerer Löhne führten extern zu höheren Exporte in die Eurozone, die ihrerseits mehr importieren müssten als sie exportieren könnten und sich deshalb immer weiter verschulden müssten. Denn in der Währungsunion fehle ihnen die Möglichkeit, sich gegen die deutsche Konkurrenz durch das Abwerten der eigenen nationalen Währung zu wehren.

Wenn den Exporten in gleicher Höhe auch Importe gegenüberstünden, wäre das ökonomisch kein Problem. Aber Deutschland konsumiere und importiere zu wenig. Gleichzeitig hätte Deutschland seine Arbeitslosigkeit in diese Länder exportiert. Die Folge sei eine gefährliche Diskrepanz in der wirtschaftlichen Entwicklung – gerade im Blick auf das Verhältnis von Deutschland zu Frankreich und Italien.
Deutschland handle egoistisch, wenn es Lohndumping betreibe und sich nicht an das Inflationszielt (2%) halte, so wie Frankreich. Ein einzelner Staat, der egoistisch handele, könne zwar so vorgehen wie Deutschland. Aber alle Länder in der Eurozone zu Exportnationen machen zu wollen, könne nicht funktionieren. Zudem führe ein Kopieren des deutschen Wegs zu einem Wettbewerb um die niedrigsten Löhne. Das wiederum würde einerseits die Wirtschaft ruinieren, weil niedrigere Löhne eine niedrigere Nachfrage bedeuten. Zum anderen wäre solch ein Weg politisch hochgefährlich. Radikale Kräfte würden gestärkt.

Die entscheidende Aufgabe sei, die Diskrepanz zwischen der wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland und den beiden großen Euro-Partnern Frankreich und Italien zu überwinden. Das ginge nur, indem in Deutschland die Reallöhne deutlich stiegen und die südlichen Eurozonenländer ihre Spar- und Kürzungspolitik aufgäben. Die führe dort zu mangelnder Nachfrage. Wenn Unternehmen ihre Produkte aber immer schwerer an den Verbraucher bringen, investieren sie auch nicht. Halten sich Unternehmen und Verbraucher mit Investitionen zurück, dann ist es umso wichtiger, dass der Staat aktiv wird. Beispielsweise durch kreditfinanzierte Konjunkturprogramme, so Flassbeck.

Heiner Flassbeck studierte Volkswirtschaft in Saarbrücken. Er war Mitarbeiter im Stab des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und daran anschließend in verschiedenen Referaten des Bundesministeriums für Wirtschaft in Bonn tätig. Von 1988 bis 1998 Leiter der Abteilung Konjunktur des DIW. Von 1998 bis zum Rücktritt des Bundesfinanzministers im Frühjahr 1999 war er beamteter Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen. Zwischen 2000 und 2012 war er für das Sekretariat der Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (UNCTAD) in Genf tätig, zuletzt als Chef-Volkswirt.  Seit 2005 ist er Honorarprofessor an der Universität Hamburg. Im Januar 2013 hat er flassbeck-economics (flassbeck-economics.de) gegründet. Seit Juli 2016 ist er außerdem Herausgeber von Makroskop (makroskop.eu), einem Internetmagazin, das sich der Aufklärung in wirtschaftlichen Fragen und der wirtschaftspolitischen Beratung widmet.


Professor Heiner Flassbeck über den zwingenden Zusammenhang zwischen Sparen und Schulden sowie über die mittlerweile veränderte politische Beurteilung von Schulden in Deutschland.
Unten: die Folie zum Auszug aus der Rede (Finanzierungssalden im historischen Rückblick).

Impulsvortrag von Michaela Wiegel
FAZ-Korrespondentin in Paris

Foto: Jens Gyarmaty

Michaela Wiegel
Frankfurter Allgemeine Zeitung

Michaela Wiegel bezeichnete in ihrem Impulsvortrag die Wahl von Emmanuel Macron zum neuen französischen Staatspräsidenten als kleines Wunder. Als noch junger Politiker habe er sich im Sommer 2016 entschlossen, seine Kandidatur mit einem positiven europapolitischen Tenor zu beginnen. Zu einem Zeitpunkt also, als der Westen nach dem Brexit und angesichts des Aufstiegs von Donald Trump sich in einer schwierigen Situation befand.

Als er seine Kandidatur erklärte, war sein Sieg in keiner Weise vorhersehbar. Es war nicht vorhersehbar, dass der damalige Präsident Francois Hollande nicht mehr antrat, dass Alain Juppé in der Vorwahl gegen seine Wettbewerber Nicoals Sarkozy und Francois Fillon verlor und dass Fillon eine Scheinbeschäftigungsaffäre seiner Familie bekommen würde.

Enge Bindung und hohes Interesse an Deutschland

Darüber hinaus hatte er noch 2014 geplant, für ein Jahr nach Berlin kommen zu wollen. Er wollte Deutschland verstehen und die Deutschen kennen lernen. Doch zu diesem Zeitpunkt entließ Francois Hollande seinen Wirtschaftsminister Arnoud Montebourg aus der Regierung und holte Macron in die Regierung. Nach seinem Wahlsieg bildete Macron eine Regierung, die aus sehr vielen Deutschlandkennern zusammengesetzt ist. Premierminister Edouard Philippe spricht perfekt Deutsch wie auch die damalige Verteidigungsministerin Sylvie Goulard. Sein diplomatischer Berater Etienne Philippe, vorher Botschafter in Berlin. spricht ebenso perfekt Deutsch wie Finanzminister Bruno Le Maire, dessen Bruder mit einer Deutschen verheiratet ist. Auch Richard Ferrand, erster Wegbegleiter und Förderer von Macron und aktueller Fraktionsvorsitzender der République en marche, hat eine Studienzeit in D verbracht.

Macron setzt seinen politischen Schwerpunkt auf eine voranschreitende europäische Integration und eine enge Abstimmung mit Deutschland. In das stockende deutsch-französische Verhältnis der letzten Jahre habe er Bewegung gebracht. Er würdigte Angela Merkels Flüchtlingspolitik und die Rolle der Bundeswehr bei seinem Besuch in Mali. Frau Wiegel ist überzeugt, dass er für diesen europäischen Neuanfang will auch auf ein stärkeres europapolitisches Engagement der Bundesregierung setzt. Deutschland solle Investitionen tätigen, die allen zugute kommen.

Michaela Wiegel berichtet für die Frankfurter Allgemeine Zeitung seit Februar 1998 als politische Korrespondentin für Frankreich aus Paris. In der französischen Hauptstadt hatte sie schon einen Teil ihres Studiums in Politischen Wissenschaften, Geschichte und Philosophie zugebracht. 1995 trat sie als Redakteurin in die politische Nachrichtenredaktion der F.A.Z. ein.

Michaela Wiegel über erste Schwerpunkte in der europäischen Wirtschafts- und Steuerpolitik.

Impulsvortrag von Professor Dr. Christian Lequesne
SciencePo Paris

Foto: Jens Gyarmaty

Professor Christian Lequesne
SciencesPo, Centre des Recherches Internationales, Paris

Professor Christian Lequesne konstatierte, dass die EU seit 2009 keine wirkliche Möglichkeit hatte, sich mit der Zukunft Europas zu beschäftigen, da sie vor allem mit der Bewältigung aktueller Krisen beschäftigt war. Jetzt sei der Zeitpunkt für einen Neuanfang auf Grundlage starker deutsch-französischer Beziehungen gekommen. Voranschreiten sei nur mit Konzept der variablen Geometrie möglich. Wer vorangehen wolle, müsse dies tun dürfen.

Drei mögliche Handlungsfelder sind denkbar: Reform der Eurozone, europäische Verteidigungspolitik und ein neues Schengenabkommen, um Flüchtlings- und Wanderungsbewegungen besser zu managen. Die Eurozone solle im Zentrum der künftigen politischen Integration stehen. Dies setze bei den Franzosen effiziente Wirtschaftsreformen und bei den Deutschen eine weniger strenge Auslegung der Stabilitätskriterien von Maastricht voraus, wenn die wirtschaftspolitische Richtung der Schuldnerländer stimme. Frankreich brauche mehr Wachstum, um die Arbeitslosigkeit zu senken.

Stärkere Wachstumsinvestitionen in Deutschland

Wirtschafts- Haushalts-, Steuer- und Arbeitsrecht müssen stärker aufeinander abgestimmt werden. Stärkere Wachstumsinvestitionen gerade in die Infrastruktur in Deutschland seien nötig. Sparen sei kein Selbstzweck. Man müsse auch „Häusle bauen“. Eine gemeinsame europäische Verteidigungspolitik sei angesichts der Entwicklungen in den USA und der europäischen Nachbarschaft unabdingbar.

Deutschland müsse mehr Mittel bereitstellen und mehr militärische Verantwortung in der Welt übernehmen. Darüber hinaus müsse die EU neue Wege angesichts der politischen Instabilitäten auf dem Balkan zur teilweisen Integration dieser Länder entwickeln.

Seit 1988 ist Christian Lequesne Professor und Research Fellow an der Hochschule Sciences Po, Paris. Von 2000 bis 2003 war er stellvertretender Direktor und zwischen 2009 und 2013 Direktor des Centre d’études et de recherches internationales (CERI) sowie von 2004 bis 2006 Direktor des Centre français de recherche en sciences sociales (CEFRES). Von 2004 bis 2006 war er außerdem Alliance Professor am European Institute der London School of Economics, von 2006 bis 2008 Mitglied und stellvertretender Vorsitzender im Verwaltungsrat der Hochschule Sciences Po. Daneben ist er auch ständiger Gastprofessor an der School of Government of LUISS University, an der Diplomatic Academy in Wien, und am Fachbereich für Sozialwissenschaften an der Karlsuniversität in Prag.

Professor Christian Lequesne über Argumente für eine gemeinsame europäische Wirtschafts- und Sicherheitspolitik (Vortragssprache: Englisch).

Vortrag von Professor Dr. Rüdiger Krause: „Europa als Herausforderung für die deutsche Unternehmensmitbestimmung“
Universität Göttingen

Foto: Jens Gyarmaty

Professor Dr. Rüdiger Krause
Universität Göttingen

Rüdiger Krause blickte zu Beginn seines Vortrags zurück auf die lange Debatte um das für und Wider der Unternehmensmitbestimmung. Viele der im Laufe der letzten 40 Jahren angeführten Begründungen seien noch aktuell: die „gleichgewichtige und gleichberechtigte Teilhabe an Entscheidungen in den Unternehmen“, der „Ausgleich der Fremdbestimmtheit der Arbeitnehmer im Unternehmen“ oder die Verankerung der Beschäftigteninteressen „in der Leitungs- und Entscheidungsstruktur (corporate governance)“. Er zitierte auch Ergebnisse wissenschaftlicher Kommissionen aus den Jahren 1970 und 1998. Diese hätten zwar bestätigt, dass sich Entscheidungsprozesse verlangsamen können und ein „Durchentscheiden“ von oben nach unten erschwert werde. Andererseits entstünden Kooperations- und Vertrauensstrukturen, von denen gerade Unternehmen im Bereich der Hochtechnologie profitierten.

In Europa, so Krause, gebe es kein harmonisiertes Recht der Mitbestimmung. Das liege bereits an der Vielfalt an gesellschaftsrechtlichen Gestaltungen. Neben dualistischen Systemen mit Vorstand und Aufsichtsrat gebe es auch monistische Systeme mit nur einem „board“ wie etwa in Großbritannien. In Frankreich habe es Mitbestimmung im engeren Sinne lange Zeit nur in ehemaligen Staatsunternehmen gegeben. Heute existiere sie selbst in großen Unternehmen nur in rudimentärer Form. Dagegen würde die Mitbestimmung etwa in Dänemark und Schweden auch schon relativ kleine Unternehmen erfassen.

Keine mittelbare Diskriminierung von EU-Ausländern

Ausführlich beleuchtete er das Verfahren vor dem europäischen Gerichtshof über eine mögliche Europarechtswidrigkeit des deutschen Mitbestimmungsgesetzes. Ausgelöst von der Klage eines Kleinaktionärs gegen die Zusammensetzung des Aufsichtsrats der TUI AG werde (auf Antrag des Kammergerichts Berlin) den Fragen nachgegangen, ob der Ausschluss von im europäischen Ausland tätigen Arbeitnehmern des Konzerns bei Aufsichtsratswahlen europarechtswidrig ist und ob die Beschränkung der Wahlberechtigung auf das Inland ein Freizügigkeitshindernis sein kann.

Nach Krauses Einschätzung liege keine Diskriminierung von Auslandsbeschäftigten vor. Hierin er sich auch durch die Einlassungen der EU-Kommission in der mündlichen Verhandlung und durch das Votum des Generalanwalts bestätigt. Er verwies auch auf den politischen Gehalt des Verfahrens, der es politisch unwahrscheinlich mache, dass zum jetzigen Zeitpunkt ein zentraler Bestandteil des deutschen Wirtschafts- und Sozialmodells in Frage gestellt wird. Krause erwähnte außerdem das Territorialitätsprinzip, das es verhindere, auf Basis des Mitbestimmungsgesetzes im Ausland Wahlen abzuhalten.

Krause vertrat außerdem die Auffassung, dass bei einer Entscheidung über die Europarechtskonformität einer Vorschrift diese nicht isoliert betrachtet werden dürfe, sondern stets im Kontext anderer Regelungen. Ein Gesamtbild über das Schutzniveau von Arbeitnehmern können man nur gewinnen, wenn man neben der Mitbestimmung auch Faktoren wie das Streikrecht, den Kündigungsschutz und anderer Vorschriften mit heranziehe. In jedem dieser Bereiche gebe es Unterschiede zwischen den Staaten und unterschiedliche „Mischungen“ rechtlicher Schutzmechanismen.

[Nachtrag: Am 18. Juli 2017 urteilte der Europäischen Gerichtshof, dass das Mitbestimmungsgesetz von 1976 mit europäischem Recht vereinbar ist. Die Klage hat sich damit als unbegründet erwiesen.]

Professor Dr. Rüdiger Krause ist seit 2006 Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht und Arbeitsrecht an der Georg-August-Universität Göttingen sowie Direktor am dortigen Institut für Arbeitsrecht. Im Anschluss an das Studium der Rechtswissenschaft in Berlin und Göttingen sowie Promotion (1994) und Habilitation (2001) war er von 2003 bis 2006 Lehrstuhlinhaber an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.

Professor Rüdiger Krause zur wissenschaftlichen Diskussion über die Vor- und Nachteile der Unternehmensmitbestimmung.

Vortrag von Peter Weiß, MdB: „Zukunft der betrieblichen Altersversorgung“
CDU/CSU-Bundestagsfraktion

Foto: Jens Gyarmaty

Peter Weiß, MdB
CDU/CSU-Bundestagsfraktion

Peter Weiß, Vorsitzender der Arbeitnehmergruppe der CDU/CSU- begann seinen Vortrag mit einem Überblick über das Betriebsrentenstärkungsgesetz – das noch am Tage seines Vortrags im Bundestag in abschließender Lesung verabschiedet wurde.

Übergeordnetes Ziel sei die höhere Verbreitung von Betriebsrentenzusagen, vor allem in kleinen und mittleren Unternehmen und bei Personen mit niedrigem Einkommen. Diesem Ziel dienen mehrere Elemente des Gesetzes.

Erstens, die Förderung für Geringverdiener mit weniger als 2.200 Euro monatlich. Sie ermögliche den Aufbau einer rein arbeitgeberfinanzierten Betriebsrente mit einer Mindestdotierung von 480 Euro pro Jahr, zu einem Drittel vom Staat finanziert. Zweitens, die Erhöhung des Grundförderbetrags für Riester-Sparer auf 175 Euro pro Jahr [von 154 Euro]. Drittens, die neuen Regelungen für die Entgeltumwandlung: 15 Prozent des vom Arbeitnehmer umgewandelten Betrags müssen künftig in Form eines zusätzlichen Beitrags des Arbeitgebers gezahlt werden [also rund drei Viertel der Sozialversicherungsersparnis des Arbeitgebers]. Viertens: ein neuer Freibetrag in Höhe von monatlich mindestens 100 Euro (maximal 202 Euro) für Einkünfte aus betrieblicher Altersversorgung für Bezieher von Leistungen der Grundsicherung im Alter. Damit wolle man Anreize schaffen und den Vorwurf entkräften, Vorsorge lohne sich nicht, wenn man befürchtet, im Alter keine gesetzliche Rente oberhalb des Grundsicherungsniveaus zu erreichen.

Von einer weiteren Verbesserung sollen Arbeitnehmer aus allen Einkommensgruppen profitieren. Die Obergrenze für die steuerfreie Entgeltumwandlung steigt bei Pensionskassen, Direktversicherungen und Pensionsfonds von vier auf acht Prozent der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung [Mit den Werten von 2017 gerechnet entspricht dies einer Steigerung von 254 Euro auf 508 Euro pro Monat].

Chancen auf höhere Leistungen im Alter durch Zielrenten

Abschließend erläuterte Weiß die neuen Regelungsmöglichkeiten für Tarifvertragsparteien. Durch sie können in Tarifverträgen künftig Abweichungen von mehreren gesetzlichen Vorschriften vereinbart werden: Die Haftung des Arbeitgebers kann aufgehoben werden. Außerdem kann lediglich eine „Zielrente“ vereinbart werden, die zwar einen festen Beitrag, aber keine garantierte Leistung mehr zusagt. Der potentielle Vorteil für Arbeitnehmer sei, dass eine freie Geldanlage mit hoher Wahrscheinlichkeit zu höhere Renten führen werde. Zur Begrenzung der Anlagerisiken seien mehrere Mechanismen vorgesehen: die Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen, ein zusätzlicher Sicherungsbeitrag der Arbeitgeber, aufsichtsrechtliche Vorschriften über einen Sicherungspuffer im Deckungskapital und die Beteiligung der Sozialpartner an der Beaufsichtigung der Versorgungsträger.

Die Gefahr einer Verdrängung der „alten Betriebsrente“ durch die „neue Betriebsrente“ bezeichnete Weiß als nicht sehr hoch. Es gebe keinen Zwang zum Umstieg. Selbstverständlich könnten bestehende Modelle fortgesetzt werden. Auch Arbeitgeber, die bislang keine Versorgungszusagen erteilt hätten und auch in Zukunft keine Tarifbindung eingehen wollten (die mit dem neuen Modell einhergeht), könnten weiterhin Modelle mit Garantien wählen. Durch die Möglichkeit einer vertraglichen „Bezugnahme“ wolle man es derzeit nicht tarifgebundenen Unternehmen erleichtern, Tarifverträge zur Altersversorgung anzuwenden. Die große Koalition erwarte von den Sozialpartnern, dass sie eine solche Annäherung nicht unnötig erschweren und die Tarifverträge „einladend“ gestalten.
Damit die Reform nach ihrer Verabschiedung ein Erfolg werde, sei die Regierung auf möglichst viele Unterstützer angewiesen, die für die Reform werben. Eine zentrale Kernbotschaft müsse sein, dass sich künftig betriebliche Altersversorgung (ausnahmslos) für alle Arbeitnehmer lohne.

Peter Weiß ist seit 1998 direkt gewählter Abgeordneter im Deutschen Bundestag und vertritt dort den Wahlkreis Emmendingen-Lahr. Er ist Mitglied des Bundestagsausschusses für Arbeit und Soziales, rentenpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, stellvertretendes Mitglied des Haushaltsausschusses sowie Vorsitzender der Arbeitnehmergruppe der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.

Peter Weiß über das künftige Verhältnis der neuen „Tarifrente“ zu bisherigen Formen der betrieblichen Altersversorgung und Befürchtungen von Verdrängungseffekten.

Vortrag von Steffen Kampeter: „Die Europäische Union in der Bewährung – Anforderungen an eine moderne Europäische Sozialpolitik“
Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände

Foto: Jens Gyarmaty

Eine Vergemeinschaftung der europäischen Sozialpolitik sei die Einführung einer Transferunion durch die Hintertür, erklärte Steffen Kampeter, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA). In Wirklichkeit benötige Europa bessere Rahmenbedingungen für Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und Bildung. Damit würden insbesondere für mehr junge Menschen Zukunftschancen geschaffen.

Steffen Kampeter wurde 1990 Mitglied des Bundestages und blieb dies bis 2016.Von 2005 bis 2009 fungierte Kampeter als Haushaltspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion und von 2009 bis 2015 als Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen. Im Juli 2016 wechselte er in das Amt des Hauptgeschäftsführers der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände.

Vortrag von Christoph Kannengießer: „Wirtschafts- und Investitionsstandort Afrika“
Hauptgeschäftsführer, Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft

Foto: Jens Gyarmaty

Christoph Kannengießer
Hauptgeschäftsführer, Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft

Unter dem Titel „Zukunft Afrika“ lenkte Christoph Kannengießer, Hauptgeschäftsführer des Afrika-Vereins der deutschen Wirtschaft, den Blick auf Entwicklungschancen der afrikanischen Wirtschaft – für die dortigen Staaten, ihre Bürger aber auch für die deutsche Wirtschaft.

Afrika ist nach seinem Eindruck im Bewusstsein der Politik aktuell stärker präsent als in der Vergangenheit. Auch bei vielen Entscheidungsträgern in der Wirtschaft nimmt die Wahrnehmung des Kontinents zu. Dies habe auch mit den aktuellen Flüchtlingsbewegungen zu tun.

Kannengießer verwies beispielhaft auf die in der Bundesregierung entwickelten Konzepte den „Marshall-Plan für Afrika“ (Entwicklungsministerium) die „Initiative Pro-Afrika“ (Wirtschaftsministerium), weitere Programme des Bundesfinanzministeriums im Rahmen der G20 und auf den „External Investment Plan“ der EU.

Nach Kannengießers Erfahrungen seien viele einfache Fakten über Afrika noch zu wenig bekannt etwa die schiere geographische Größe (welche die der USA, Chinas, Indien und der großen europäischen Staaten zusammengenommen noch übertrifft) oder die große Anzahl der Staaten (54). Angesichts dieser Dimensionen und Vielfalt sei es wichtig, zwischen Regionen und einzelnen Staaten zu differenzieren.

Beispielhaft nannte er Namibia (2 Millionen Einwohner), einem Staat mit engen Verbindungen zur deutschen Wirtschaft und Nigeria mit heute 180 Millionen Einwohnern. Eine oft übersehene Besonderheit Nigerias sei die fortgeschrittene Diversifizierung der Wirtschaft und ein großer Dienstleistungssektor, zu der etwa auch Afrikas größte Filmindustrie („Nollywood“) gehöre.

Wirtschaftswachstum übertrifft Bevölkerungswachstum

Vielen Staaten sei gemein, dass nicht nur die Bevölkerungszahl stark steige, sondern auch die Wirtschaft rasch wachse. Einen positiven Wachstumstrend gibt es im Sub-Sahara-Raum, wo für den Zeitraum von 2016 bis 2018 eine Wachstumsrate von 3,8 Prozent prognostiziert werde – gegenüber 1,8% in den westlichen Industriestaaten. Wachstumsraten von sechs bis acht Prozent jährlich seien in der Demokratischen Republik Kongo, der Elfenbeinküste, Äthiopien oder Mozambique zu erwarten.

Wichtig sei, dass nicht nur die steigende Bevölkerungszahl als Wachstumstreiber fungiere. In fast allen Staaten wachse die Wirtschaft mittlerweile schneller als die Bevölkerung. Für große Aufholschritte sei aber das Bevölkerungswachstum noch zu hoch oder die Wachstumsraten der Wirtschaft noch zu gering.

Dennoch gebe es eine wachsende Mittelschicht: 360 Millionen von insgesamt 1,1 Milliarden Menschen gehören mittlerweile der Mittelschicht in Afrika an. Als weitere, eng damit zusammenhängend identifizierte Wachstumsfaktoren nannte Kannengießer Urbanisierung und Konsumausgaben, aber auch Technologie. Mobiltelefonie und Internetnutzung steige schnell. In vielen Staaten sei die Durchdringung mit Informations- und Kommunikationstechnologie schon jetzt hoch, viel höher als allgemein angenommen werde („in der Serengeti ist der Internetzugang besser als in vielen Teilen Mecklenburg Vorpommerns“). Digitalisierung sei eine zentrale Chance für die afrikanische Wirtschaft, Anschluss zu finden. Nairobi als ein Beispiel, gelte als das „nächste Bangalore“.

Ein weiterer Faktor seien Verbesserungen im Bereich Politik. 25 Staaten können als „vollständige oder unvollständige Demokratien“ angesehen werden, was oft dem Investitionsklima guttue. Deutsche Investitionen in Afrika können aus Sicht Kannengießers deutlich ausgebaut werden. Mit 10 Milliarden Euro im Bestand (davon 6 Milliarden in Südafrika) liege Deutschland nur auf Platz 10, hinter den USA; Frankreich und China. Mit besserer Wirtschafts-Diplomatie, politischer Rückendeckung und Instrumenten wie Garantien könne das gelingen.

Christoph Kannengießer ist seit 2012 Hauptgeschäftsführer des Afrika-Vereins der Deutschen Wirtschaft. Frühere berufliche Stationen hatte er beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK), bei der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), der Konrad-Adenauer-Stiftung (als stellvertretender Generalsekretär) sowie als Hauptgeschäftsführer des Markenverbands.

Christoph Kannengießer über hohe Wachstumsraten in afrikanischen Staaten und die Chancen, daraus Wohlstandsgewinne zu generieren.

Vortrag von Harald Schirmer: „Konkrete Beispiele zur Führung von globalen Netzwerken und Projekten im digitalen Reifegrad“
Manager Digital Transformation and Change, Continental AG

Harald Schirmer
Manager Digital Transformation and Change, Continental AG

Harald Schirmer veranschaulichte „Führung im globalen Kontext“ an Hand konkreter Beispiele zur Führung von globalen Netzwerken und Projekten in der Continental AG

Rund 100.000 von insgesamt über 220.000 Arbeitnehmern bei Continental sind miteinander vernetzt – und das weltweit. Viel Pionierarbeit kam dabei von Harald Schirmer, für den Digitalität auch eine Art Lebenseinstellung ist.

Seine Begeisterung für das Digitale nahm während eines dreijährigen USA-Aufenthaltes ihren Anfang. Dort kam er in Berührung mit einer kollaborativen Arbeitsweise, wo er von 1996 an das Qualitäts-Labor der Continental geleitet und eine Wissensdatenbank aufgebaut hat. Bedingung war, dass jede Frage nur einmal beantwortet und entsprechend dokumentiert wurde. Es sei gar nicht so wichtig gewesen, dass am Ende das Tool stand, sondern dass Menschen, die ganz eng zusammenarbeiten, sehr viel mit ganz unterschiedlichen Sichtweisen erzählen und beitragen konnten, stellt Schirmer im Rückblick fest.

Der Messenger-Dienst Namens ICQ – der Urahn von Skype, WhatsApp und Co. – war es, der in Schirmer die Leidenschaft für virtuelle Zusammenarbeit so richtig entfachte. Schnell viel über Menschen aus den unterschiedlichsten Ländern lernen, einerseits ein Reichtum an Vielfalt mit andererseits sehr ähnlichen Bedürfnissen – das war das ausschlaggebende Erleb-nis und einer der großen Treiber dafür, dass er diese Themen weiterführt.

Erfolgsfaktor organisationales Lernen

„Kommunikation und Zusammenarbeit über offene Kanäle sind für den Erfolg einer Organisation außerordentlich wichtig“, so Schirmer. Andernfalls seien mäßige Ergebnisse vorprogrammiert, egal ob es sich um Führung, digitale Teams, vernetztes Arbeiten, neue Businessmodelle etc. handelt. Kommunikation und Zusammenarbeit habe in den letzten vierzig Jahren ausschließlich in geschlossenen Kanälen per Meetings, Telefon(-Konferenzen) und Email stattgefunden. Geschlossene Kanäle befähigen allerdings nicht zum organisationalen Lernen. Wettbewerbsfähig werden bzw. bleiben bedeute, Mitarbeiter in neue Businessbereiche und neue Geschäftsmodelle zu führen. Um dies zu erreichen, müsse intensiv in Lernen investiert werden. Investieren bedeute in diesem Kontext, die bestehenden Kommunikationskanäle und die Art der Zusammenarbeit fundamental zu verändern und organisationales Lernen zu ermöglichen.

Nur durch Digitalisierung der Organisation, das heißt Schaffung von Plattformen für Kommunikation und Zusammenarbeit in offenen Kanälen, könne eine Basis für organisationales Lernen geschaffen werden.


Virtuelle Teams bei Continental: Global HR-Community mit 3.100 Teilnehmern, Globales Guide Netzwerk mit 800 Teilnehmern, Change Management Framework mit 2.000 Teilnehmern, Flexible Arbeitsbedingungen mit 11.000 Teilnehmern, Meta Kompetenz Netzwerk mit 1.000 Teilnehmern und Ambassadoren Programm mit 1.400 Teilnehmern.

Harald Schirmer, Manager Digital Transformation and Change, Continental AG, war in den letzten 25 Jahren bei Continental im Qualitätsmanagement, in der IT, im Wissensmanagement und auch als Change Manager unterwegs. Für sein digitales Engagement ist Harald Schirmer schon mehrmals ausgezeichnet worden, 2014 beispielsweise als „Leader in the digital age“.

Harald Schirmer über Veränderungen bei Kommunikation und Zusammenarbeit: von geschlossenen hin zu offenen Kanälen.

Vortrag von Jörg Rumpf: „Zusammenarbeit in virtuellen Teams – Herausforderungen für die Führungskraft der Zukunft“
Associate Client Partner, KornFerry-Hay Group

Jörg Rumpf
Associate Client Partner, KornFerry-Hay Group

Jörg Rumpf (Korn Ferry Hay Group) definiert virtuelle Teams als einen Zusammenschluss von mindestens zwei Interaktionspartnern, die sich an unterschiedlichen Orts- und/oder Zeitzonen befinden und für eine unbestimmte Dauer überwiegend durch den Einsatz von Informations- und Kommunikations-Technologien an der Erreichung eines gemeinsamen Zieles zusammenarbeiten.

Vergleicht man Studienergebnisse der letzten Jahre zu den Herausforderungen virtueller Teams, sind neben wiederkehrenden Faktoren auch bemerkenswerte Veränderungen festzustellen.

Als Korn Ferry Hay Group in Zusammenarbeit mit dem Führungskräfte Institut (FKI) in 2013 Führungskräfte befragte, war man davon ausgegangen, dass virtuelle Arbeitsformen zwangsläufig aus zu beobachtenden „Megatrends“ entstehen und zunehmen werden. Globale Strategien für lokale Märkte, demografischer Wandel, Digitalisierung und damit einhergehend familienfreundliche Arbeitsplatzmodelle sowie konvergierende Technologien wurden als Hauptgründe angenommen.

Als in einer Folgeumfrage in 2017, die wie schon im Jahr 2013 über das Umfrage-Panel „Ma-nager Monitor“ abgewickelt wurde, konkret nach den Gründen gefragt wurde, kam es zu überraschenden Ergebnissen. Kosten- und arbeitsorganisatorische Überlegungen haben nachAnsicht der meisten Führungskräfte die größte Bedeutung bei der Einführung von virtuel-len Teams. Von 51,9 Prozent der Teilnehmer werden die Einsparung von Reise- und Arbeits-zeit oder Reisekosten als Hauptgrund genannt. 35,2 Prozent geben die Beschleunigung von Projekten, 15,9 Prozent die Beschleunigung von Entscheidungen als Hauptgrund an. Nur 11,2 Prozent sehen in der Erhöhung der Vielfalt (Diversity) den wichtigsten Grund. Für lediglich 5,6 Prozent der Teilnehmer ist die Verbesserung der Work-Life-Balance ausschlaggebend.

Die Gründe sind einfach und pragmatisch

Die Gründe für den Einsatz virtueller Teams sind demzufolge längst nicht so anspruchsvoll, wie vor einigen Jahren noch gedacht. Doch viele Befragte äußern sich sehr kritisch über die tatsächlichen Effekte virtueller Teamarbeit. Nicht selten leidet die virtuelle Zusammenarbeit unter technischen, logistischen und menschlichen Schwierigkeiten. Geografische und organi-satorische Faktoren wie unterschiedliche Zeitzonen und Arbeitszeiten, mangelnde Qualität der technischen Einrichtungen sowie mangelnde Vorbereitung der Teammitglieder und Füh-rungskräfte auf die besonderen Anforderungen werden als Ursachen für mäßige Ergebnisse angeführt. „Virtuelle Teamarbeit wird immer noch schwieriger als traditionelle empfunden, aber der Unterschied wird kleiner“, stellt Rumpf fest.

Auf Basis der Ergebnisse sei deutlich zu erkennen, dass es folgenden doppelten Trend gibt: Traditionelle Arbeitsformen werden zunehmend virtualisiert. Gleichzeitig zieht virtuelle Team-arbeit in den Arbeitsalltag ein. Physische Distanz (Teammitglieder sind räumlich verteilt über Standorte, Zeitzonen, Organisationen), operative Distanz (Teamgröße, Möglichkeit persönli-cher Treffen, Mitarbeit in unterschiedlichen Teams, Ausstattung und Fähigkeiten zur Nutzung von technischen Hilfsmitteln) und emotionale Distanz (kulturelle Unterschiede, Zusammenge-hörigkeitsgefühl, gemeinsame Erfahrungen, soziale bzw. hierarchische Distanz) erschwerten die effektive Zusammenarbeit.

Die heroische Führungskraft alter Schule hat ausgedient

Jörg Rumpf ist überzeugt davon, dass Führungskräfte der Zukunft ein neues Rollenverständ-nis entwickeln müssen. Die Kompetenz im Umgang mit neuen Technologien sei dabei noch die geringste Herausforderung. Die Führungskraft der Zukunft müsse die virtuelle Distanz im Team überwinden, systemisch denken und handeln und mit allen Steakholdern einen ge-meinsamen Sinn (Purpose) für die Zusammenarbeit kreieren. Nur dadurch könne die zentrale Herausforderung, Aufbau- und Aufrechterhaltung von Vertrauen, gemeistert werden. Die he-roische Führungskraft alter Schule habe ausgedient.

Jörg Rumpf, Associate Client Partner, Korn Ferry Hay Group und VISTAGE Chair, unter-stützt als Business Coach und Berater Unternehmer, Vorstände, Geschäftsführer und andere Führungskräfte im Ausbau ihrer Führungsqualitäten. Er hilft die nötigen Veränderungsprozes-se und Führungsstrukturen in Unternehmen auszurichten, um sie für die zukünftigen strategi-schen Herausforderungen bereit zu machen.

Jörg Rumpf über die Effekte virtueller Teamarbeit und dabei möglicherweise auftretende technische, logistische und menschliche Schwierigkeiten.

Vortrag von Dr. Karen Lange
Leiterin Global Assignments, Volkswagen AG

Dr. Karen Lange
Leiterin Global Assignments, Volkswagen AG

Die Grundsätze für Entsendungen an einen der mittlerweile 120 Auslandsstandorte des Volkswagen Konzerns stellte Dr. Karen Lange am 2. Veranstaltungstag vor. Basis sei das Heimatlandprinzip: Die Mitarbeiter werden gestellt, als seien sie noch im Inland beschäftigt. Für eine gelungene Reintegration am Ende des Einsatzes sei auch ein von Anfang an konsequentes „Erwartungsmanagement“ nötig.

Karen Lange absolvierte eine Ausbildung zur Bankkauffrau und studierte danach Wirtschaftswissenschaften inklusive Promotion. Sie durchlief ein Traineeprogramm bei der Volkswagen AG. Währenddessen war sie neun im Monate Auslandseinsatz bei VW of South Africa tätig. Darauf folgten Positionen im zentralen Personalwesen der Volkswagen, AG als Assistentin des Leiters Personal Deutschland, als orstandsreferentin Personal und Organisation sowie als Regionalleiterin Europa Global Assignments der Volkswagen AG. Derzeit ist sie als Leiterin Global Assignments, Volkswagen AG tätig.

Über den ULA-Sprecherausschusstag

Der ULA-Sprecherausschusstag findet einmal im Jahr in Berlin statt.

Die Veranstaltung bietet den betrieblichen Vertretern der leitenden Angestellten großer Unternehmen und oberen Führungskräften ein branchenübergreifendes Forum für einen Erfahrungs- und Meinungsaustausch zu wichtigen Zukunftsfragen aus den Bereichen Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Management.

Die Veranstaltungsreihe wurde im Jahr 2011 von der ULA – United Leaders Association ins Leben gerufen. Sie vertritt als Vereinigung der deutschen Führungskräfteverbände die gesellschaftspolitischen Interessen von rund 60.000 Entscheidungsträgern.

Die Veranstaltung wird vom Führungskräfte Institut GmbH ausgerichtet.