BAG: Facebookseite mit Besucherbeiträgen ist mitbestimmungspflichtig
Eine Facebookseite mit der Möglichkeit zur Einstellung von Besucherbeiträgen kann eine technische Einrichtung zur Leistungs- und Verhaltensüberwachung von Arbeitsnehmern und somit mitbestimmungspflichtig sein. Das hat das Bundesarbeitsgericht entschieden.
Ein Unternehmen, das im Bereich der Blutspende tätig ist, hatte eine Facebookseite eingerichtet, auf der es Benutzern möglich war, Besucherbeiträge zu hinterlassen. In der Folge stellte ein Nutzer ein Posting auf der Facebookseite ein, in dem er sich über das Setzen der Injektionsnadel für eine Blutspende beschwerte. In einem weiteren Posting wurde einem Arzt vorgeworfen, er habe vor der Blutabnahme keine regelgerechte Untersuchung vorgenommen, woraufhin eine Blutspenderin beinahe kollabiert sei.
Der Konzernbetriebsrat des Unternehmens vertrat vor dem Arbeitsgericht die Auffassung, dass der Arbeitgeber mit der Einrichtung der Facebookseite ohne seine Beteiligung die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates nach § 87 Absatz 1 Nr. 6 Betriebsverfassungsgesetz verletzt habe. Er forderte die Abschaltung der Möglichkeit für Besucherbeiträge, solange nicht die Zustimmung des Konzernbetriebsrats oder ein die Zustimmung ersetzender Beschluss der Einigungsstelle vorliegt. Das Arbeitsgericht gab dem Betriebsrat recht, das Landesarbeitsgericht wies den Antrag des Betriebsrates hingegen ab.
§ 87 Betriebsverfassungsgesetz: Mitbestimmungsrechte
Absatz 1: Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:
[…]
Nr. 6: Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschied, dass der Antrag des Konzernbetriebsrates begründet war und verpflichtete das Unternehmen zur Abschaltung der Funktion „Besucher-Beiträge“ auf seiner Facebookseite (Urteil vom 13. Dezember 2016, Aktenzeichen: 1 ABR 7/15). Die BAG-Richter entschieden, dass Besucherbeiträge auf der Facebookseite eines Unternehmens zum Verhalten von dessen Arbeitnehmern geeignet seien, die betroffenen Arbeitnehmer im Hinblick auf ihr Verhalten und ihre Leistung zu überwachen. Durch arbeitnehmerbezogene Besucherbeiträge und deren Veröffentlichung auf der Facebookseite des Unternehmens würden dessen Arbeitnehmer einem ständigen Überwachungsdruck ausgesetzt. Zugleich verwies das BAG bei dieser Gelegenheit auf seine bisherige Rechtsprechung zur Mitbestimmung bei technischen Überwachungseinrichtungen. Danach kommt es bei den technischen Überwachungseinrichtungen nicht darauf an, ob diese tatsächlich zur Überwachung bestimmt sind. Ausreichend ist nach Ansicht des BAG, dass die Einrichtungen geeignet sind, entsprechende Überwachungen durchzuführen.
VAA-Praxistipp
Die Entscheidung dürfte weitreichende Konsequenzen für den Umgang von Unternehmen mit Auftritten im Bereich Social Media haben. Denn der Betriebsrat muss nach dem vorliegenden BAG-Urteil an der Ausgestaltung dieser Auftritte beteiligt werden, wenn dort entsprechende Posts von Nutzern möglich sind. Und das dürfte in aller Regel der Fall sein. Maßnahmen, die der Arbeitgeber unter Missachtung des Mitbestimmungsrechtes durchgeführt, muss er auf Verlangen des Betriebsrates rückgängig machen.