Familienheim drei Jahre renoviert: keine Erbschaftssteuerbefreiung
In der Rubrik Steuer-Spar-Tipp des VAA Newsletters geben die Experten des VAA-Kooperationspartners Akademische Arbeitsgemeinschaft Verlag jeden Monat Ratschläge zur Steueroptimierung.
Die Erbschaft des sogenannten Familienheims ist unter bestimmten Voraussetzungen steuerfrei. Was nicht geht, ist der Einzug erst nach drei Jahren Renovierung. Das hat das Finanzgericht Münster entschieden.
Ein Mann wohnte mit seiner Familie in einer Doppelhaushälfte. In der anderen Hälfte lebte sein Vater. Nach dem Tod des Vaters legte der Mann – er war Alleinerbe – die beiden Hälften zusammen und verband diese durch umfangreiche Renovierungsarbeiten zu einem einzigen, größeren Haus. Die Renovierungsarbeiten dauerten insgesamt drei Jahre. Anschließend nutzte er das nun große Haus selbst und lebte dort mit seiner Familie.
Das beklagte Finanzamt forderte Erbschafsteuer für die Immobilie, denn die Befreiung von der Erbschaftsteuer ist bei einem Familienheim nur unter drei Voraussetzungen möglich:
- Die vererbenden Eltern müssen die Immobilie bis zum Erbfall – also bis zu ihrem Tod – als eigene Wohnung genutzt haben (Ausnahme: Sie waren aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert).
- Die erbenden Kinder müssen innerhalb von sechs Monaten in die geerbte Immobilie einziehen und diese dann selbst als Familienwohnheim nutzen.
- Die Wohnfläche darf maximal 200 Quadratmeter betragen.
Die zweite Voraussetzung war hier nicht erfüllt. Der Erbe wies darauf hin, dass er unmittelbar nach dem Tod seines Vaters mit der Renovierung begonnen habe. Die Maßnahmen hätten allerdings eine vorherige Trockenlegung des Hauses erfordert und sich aufgrund der angespannten Auftragslage der beauftragten Handwerker weiter verzögert.
Mit den Renovierungen zu beginnen, reiche nicht aus, erklärte das Finanzgericht Münster. Die erforderliche unverzügliche Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken erfordere nicht nur die Absicht, das Haus zu eigenen Wohnzwecken zu nutzen, sondern auch die Umsetzung dieser Absicht in Form eines tatsächlichen Einzugs. Bei Renovierungsmaßnahmen handele es sich lediglich um Vorbereitungshandlungen, die bei Überschreitung eines angemessenen Zeitraums von sechs Monaten nur dann eine unverzügliche Selbstnutzung darstellten, wenn die Verzögerung nicht dem Erwerber anzulasten sei. Im entschiedenen Fall war unter anderem aus Rechnungen hervorgegangen, dass maßgebliche Umbauarbeiten erst über zwei Jahre nach dem Tod des Vaters in Angriff genommen worden waren. Fazit: Für die Erbschaft der Doppelhaushälfte muss Erbschaftsteuer gezahlt werden (Finanzgericht Münster, Urteil vom 24. Oktober 2019, Aktenzeichen 3 K 3184/17).
Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte vor einigen Monaten einen ähnlichen Fall zu entscheiden – und kam zum gleichen Ergebnis. Im damals entschiedenen Fall hatte der Erbe erst mehr als zwei Jahre nach dem Todesfall und mehr als sechs Monate nach der Eintragung im Grundbuch Angebote von Handwerkern eingeholt und mit der Renovierung begonnen. Dass er diese Verzögerung nicht zu vertreten hatte, konnte er nicht glaubhaft machen. Er hat nicht einmal versucht, dies darzulegen. Bis zum Tag der mündlichen Verhandlung vor dem erstinstanzlich entscheidenden Finanzgericht – zwei Jahre und acht Monate nach dem Erbfall – war er noch immer nicht in das geerbte Haus eingezogen war (BFH-Urteil vom 28. Mai 2019, Aktenzeichen II R 37/16). In der Ausgabe September 2019 des VAA Newsletters hatten wir über den Fall berichtet.
Dr. Torsten Hahn ist Chefredakteur des Informationsdienstes SteuerSparTipps des VAA-Kooperationspartners Akademische Arbeitsgemeinschaft Verlag.