Gastbeitrag: „Call to Action“ – KI-Einsatz in deutschen Unternehmen
Gastbeitrag von Theresa Treffers, Nadja Born und Isabell Welpe, Lehrstuhl für Strategie und Organisation an der Technischen Universität München
Auch wenn man durch die präsenten öffentlichen Diskussionen zu ChatGPT und dem EU-AI Act das Gefühl bekommt, dass Künstliche Intelligenz (KI) standardmäßig in deutschen Unternehmen eingesetzt wird, zeigen aktuelle Daten des Statistischen Bundesamts (2023) ein anderes Bild: Nur etwa jedes achte Unternehmen (zwölf Prozent) in Deutschland nutzt KI.
KI wird vor allem für Buchführung, Controlling oder Finanzverwaltung (25 Prozent), IT-Sicherheit (24 Prozent), Produktionsoder Dienstleistungsprozesse (22 Prozent) sowie zur Organisation von Unternehmensverwaltungsprozessen oder Management (20 Prozent) eingesetzt. Wenig überraschend ist in der Studie, dass vor allem Großunternehmen ab 250 Beschäftigen weitaus häufiger KI einsetzen als kleine und mittlere Unternehmen. Fast ein Viertel der Unternehmen, die KI bisher nicht einsetzen, schätzen den Einsatz von künstlicher Intelligenz in ihrem Unternehmen sogar als nicht sinnvoll ein.
Im internationalen Vergleich liegen deutsche Unternehmen eher im unteren Bereich der KI-Adoption. Der IBM Global AI Adoption Index 2022 berichtet, dass 35 Prozent der Unternehmen weltweit KI einsetzen, und weitere 42 Prozent Möglichkeiten des KI-Einsatzes eruieren. Die Gründe dafür, warum KI aktuell nicht oder nur wenig in Unternehmen eingesetzt wird, werden über Länder, Branchen und Unternehmensfunktionen ähnlich angegeben: Als wichtigste Hürden für den Einsatz von KI werden von Unternehmen fehlendes Wissen über KI und mangelnde KI-Kompetenzen sowie ungenügende Datenqualität hervorgebracht. Weitere Hürden sind die Inkompatibilität mit bestehenden IT-Systemen, rechtliche Herausforderungen, Datenschutz, Kosten und ethische Bedenken.
Trotz dieser Hürden ist es wichtig, den Einsatz von KI in Unternehmen zu befördern. Denn wenn deutsche Unternehmen den Einsatz von KI weiterhin ignorieren oder verzögern, werden damit nicht nur mögliche Produktivitätsgewinne und Kostensenkungen verpasst, sondern sie laufen auch Gefahr, ihren Wettbewerbsvorteil auf dem Weltmarkt zu verlieren. In einer Welt, in der KI ein wichtiger Motor für Innovationen, Kostensenkungen und Produktivitätssteigerungen ist, kann Zögern weitreichende wirtschaftliche Konsequenzen haben. Das Zeitfenster zum Handeln ist jetzt – Anfang 2024.
Welche Kompetenzen brauchen Mitarbeitende für mehr Einsatz von KI im Unternehmen? Mit dem steigenden Einsatz von KI in Unternehmen werden KI-Kompetenzen von Mitarbeitenden immer wichtiger werden und einen immer höheren Stellenwert auf dem Arbeitsmarkt bekommen. Mitarbeitende benötigen daher sowohl kooperative als auch kompetitive Kompetenzen. Zu den kooperativen Kompetenzen gehören:
- Datenzentrierte Fähigkeiten: die Fähigkeit, algorithmische Ergebnisse zu verstehen.
- KI-Kenntnisse: die Fähigkeit, zu verstehen, wie Algorithmen funktionieren.
- Algorithmische Kommunikation: die Fähigkeit, menschliche Bedürfnisse an Algorithmen zu vermitteln.
Zu den kompetitiven Fähigkeiten gehören:
- Emotionale Intelligenz: die Fähigkeit, Emotionen in Interaktionen mit Algorithmen zu erkennen und zu reflektieren.
- Ganzheitliches und strategisches Denken: die Fähigkeit, den breiteren Kontext eines Problems oder einer Entscheidung zu berücksichtigen.
- Kreativität und unkonventionelles Denken: die Fähigkeit, Algorithmen auf innovative Weise zu nutzen und kreatives Denken zur Ergänzung von KI-Fähigkeiten einsetzen.
- Kritisches und ethisches Denken: die Fähigkeit, maschinelle Schlussfolgerungen kritisch zu bewerten und ethische Implikationen zu verstehen.
Was können Führungskräfte für mehr Einsatz von KI im Unternehmen tun? Eine Studie von IBM (2023) berichtet, dass 74 Prozent der CEOs der Meinung sind, dass ihre Teams über angemessene Kenntnisse im Bereich der generativen KI verfügen, doch nur 29 Prozent der Vorstandsebene stimmen dem zu. Gemäß dieser Studie sind die meisten CEOs also eher zu optimistisch, was die Bereitschaft ihres Unternehmens für generative KI betrifft. Demnach ist es wichtig, auch Führungskräfte für den Einsatz von KI im Unternehmen auszubilden, damit diese den Einsatz von KI im Unternehmen gezielt fördern können. Arellano (2023) schlägt unter anderem die folgenden Handlungsempfehlungen für Führungskräfte für den Einsatz von KI im Unternehmen vor:
- Die Vorteile von KI erkennen und nutzen: KI bietet eine Vielzahl von Vorteilen, darunter gesteigerte Effizienz, verbesserte Entscheidungsfindung und optimierte Kundenerlebnisse. Führungskräfte müssen diese Vorteile verstehen und proaktiv KI-Technologien erkunden und diese gezielt übernehmen.
- In die KI-Talententwicklung investieren: Das rasante Tempo des KI-getriebenen technologischen Wandels schafft neue Anforderungen an technologische Fähigkeiten. Führungskräfte müssen in die Entwicklung ihrer Teams investieren, um sicherzustellen, dass sie die Fähigkeiten und Kenntnisse besitzen, die im Zeitalter der KI erforderlich sind.
- Eine Kultur der Zusammenarbeit zwischen Menschen und KI fördern: KI verändert die Art und Weise, wie wir arbeiten, und Führungskräfte müssen eine Kultur der Zusammenarbeit zwischen Mitarbeitenden untereinander, aber auch zwischen Mitarbeitenden und KI fördern, die vielfältige Perspektiven ermutigt und die Stärken einzelner Teammitglieder nutzt.
- Das kontinuierliche KI-Lernen begrüßen: Das Tempo des technologischen Wandels ist rasant, und Führungskräfte müssen ein Mindset des kontinuierlichen Lernens annehmen, um dem Wandel vorauszubleiben.
Zeit zum Handeln
Die Botschaft an deutsche Unternehmen ist klar: Die Zeit für den Einsatz von KI muss eher heute als morgen investiert werden. KI wird weder Führungskräfte noch Mitarbeitende ersetzen, aber Führungskräfte und Mitarbeitende, die KI nutzen, werden Führungskräfte und Mitarbeitende ersetzen, die sie nicht nutzen. Es ist daher höchste Zeit, KI Kompetenzen bei Führungskräften und Mitarbeitenden zu fördern und die Qualität von Daten zu erhöhen.