Aktionskreis Mitarbeiterkapitalbeteiligung: 12 Punkte für mehr Vermögensbildung und Teilhabe

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Berlin/Kassel, Dezember 2024 – Mitarbeiterkapitalbeteiligung ist ein zentraler Schlüssel für die Teilhabe von Beschäftigten an Wachstum und Wohlstand sowie für die Mitarbeiterbindung und -gewinnung. Darüber hinaus leistet sie in der Praxis einen Beitrag zur Altersvorsorge und Vermögensbildung der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen. Der Deutsche Führungskräfteverband ULA und der Bundesverband Mitarbeiterbeteiligung AGP haben sich daher in den letzten Jahren gemeinsam in einer breiten Initiative für eine nachhaltige Stärkung des Instrumentes eingesetzt. Die Politik hat in der Folge schrittweise die Rahmenbedingungen verbessert, wenn auch bis heute noch kein europäisches level-playing-field erreicht ist. Ebenso gilt es, einen EU-weit einheitlichen Rahmen für das Instrument Mitarbeiterbeteiligung zu schaffen.

Mit dem Aktionskreis haben beide Verbände Expertinnen und Experten aus den Unternehmen, den Sprecherausschüssen der leitenden Angestellten sowie der Wissenschaft und Vergütungsexperten zusammengebracht, um möglichst alle relevanten Perspektiven zu vereinen. Die Mitglieder haben die vorliegenden konkreten Handlungsempfehlungen für die politischen Entscheidungsträger erarbeitet, um dem Instrument auch aus Sicht von „klassischen“ Unternehmen aller Größen und deren Mitarbeitenden zum wirklichen Durchbruch zu verhelfen.

1. Sozialversicherungsfreiheit bei Entgeltumwandlung

Während die Anwendung des Steuerfreibetrags von 2.000 Euro im Wege der Entgeltumwandlung möglich ist, greift die Beitragsfreiheit in diesem Fall nicht. Dies führt zum einen in der betrieblichen Praxis zu zusätzlichem Aufwand und Bürokratie, denn für jede persönliche Entgeltumwandlung muss die individuelle Beitragspflicht überprüft und abgeführt werden. Zum anderen führt dies zu einer Ungleichbehandlung unter den unterschiedlichen Einkommensgruppen, da bei den höheren Einkommensgruppen die Beitragsbemessungsgrenze greift und ihre Entgeltumwandlung beitragsfrei bleibt. Die Sozialversicherungsfreiheit wäre ein wichtiger Beitrag, diese Ungleichbehandlung zu beenden und das Instrument für Arbeitnehmer und Arbeitgeber attraktiver zu gestalten.

2. Nachgelagerte Besteuerung nach § 19a EStG für alle Unternehmen

Die Dry-Income Problematik betriff Startups, Mittelstand und Aktiengesellschaften gleichermaßen. Insbesondere Arbeitnehmer von nicht-börsennotierten Unternehmen sind mit einer verschärften Dry Income-Problematik konfrontiert. Denn anders als bei börsennotierten Unternehmen ist eine kurzfristige Veräußerung der Mitarbeiterkapitalbeteiligung zur Deckung der anfallenden Steuerbeträge mangels aktiver Märkte häufig nicht möglich.

3. Erhöhung des Freibetrags auf 5.000 Euro

Zum einen würde hierdurch eine weitere Anpassung an europäisches Niveau vollzogen. Zum anderen würde sich größerer Spielraum für die Entgeltumwandlung bieten, die in der Praxis der Mitarbeiterbeteiligung weit verbreitet und etabliert ist.

4. Erhöhung der vermögenswirksamen Leistungen und der Arbeitnehmersparzulage

Die Arbeitnehmer-Sparzulage hat sich im Laufe der Jahrzehnte zu einem Auslaufmodell entwickelt. Als ein Grund dafür zeigt sich in der Praxis der zu hohe bürokratische Aufwand für einen zu geringen Betrag der Arbeitnehmer-Sparzulage von nur 80 Euro pro Jahr. Um die Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand wiederzubeleben, wäre eine Verdreifachung der Arbeitnehmersparzulage auf 240 Euro im Jahr und des Höchstbetrages von 400 Euro auf 1.200 Euro sinnvoll.

5. Berücksichtigung als Anlageform für die Altersvorsorge und Vermögensbildung

Folgende Maßnahmen könnten hier greifen: Steuer- und sozialversicherungsfreier Brutto-für Netto-Übergang von Entgeltumwandlung in Mitarbeiterbeteiligung und von dort in betriebliche Altersversorgung. Berücksichtigung der Mitarbeiterbeteiligung als Anlageform bei der Reform der steuerlich geförderten privaten Altersvorsorge. Schaffung eines steuerfreien Anlagensparkontos, wie es das DAI 2023 vorgeschlagen hat (Bspw. bis zu 5.000 Euro pro Jahr in Aktien, Fonds und MABs anlegen – Erträge, Dividenden, Kursgewinne steuerfrei).

6. Abschaffung der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung für Beteiligungsprogramme mit
Fremdkapitalcharakter

Einige Beteiligungsprogramme sind dahingehend ausgestaltet, dass sich die Mitarbeitenden über Fremdkapitalinstrumente am Unternehmen beteiligen, beispielsweise als stille Gesellschafter oder über Genussrechte. In diesem Fall unterliegen die Vergütungen beim Unternehmen der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 a) oder c) GewStG. Bei einem doppelstöckigen Beteiligungsmodell tritt dieser Effekt sogar zweimal auf, bei der MBM selbst und bei der das Kapital verwendenden Gesellschaft. Dadurch verlieren diese Modelle aus Unternehmenssicht an Attraktivität.

7. Reduzierung der Meldeverpflichtungen für Beteiligungsprogramme

Mitarbeiterbeteiligungsgesellschaften unterliegen einer Vielzahl an Meldepflichten, u.a. Abfrage der Kirchensteuermerkmale (KISTAM-Verfahren), Mitteilungen nach § 45d EstG über in Anspruch genommene Freistellungsaufträg, Meldung über vorzeitige Verfügungen nach dem Vermögensbildungsgesetz (§ 8 VermBDV), Übermittlung der elektronischen Vermögensbildungsbescheinigung, Meldungen nach dem FATCA-Abkommen (USA) und Meldungen nach dem Finanzkonten-Informationsaustauschgesetz (FKAustG). Die Beteiligungsmodelle verlieren durch den entstehenden Verwaltungsaufwand aus Unternehmenssicht an Attraktivität, zudem schmälern sie die Rendite der beteiligten Arbeitnehmer.

8. Einführung stimmrechtsloser GmbH-Anteile bei gleichzeitiger Abschaffung/Vereinfachung der notariellen Beurkundungspflicht

Eine echte Substanzbeteiligung von Mitarbeitern an GmbHs findet in der betrieblichen Praxis keine Anwendung, da damit umfangreiche Mitbestimmungsrechte sowie notarielle Beurkundungsplichten verbunden sind. Mit einer eigenen Anteilsklasse für Mitarbeiter könnte hier ein weiterer Durchführungsweg der Mitarbeiterbeteiligung geschaffen werden, mit dem vor allem auch die Startups die Möglichkeit erhielten die Mitarbeiter an einem Exitereignis zu beteiligen.

9. Steuerbegünstigung von Nachfolgereglungen über ähnliche Konstrukte wie Employee
Ownership Trusts in England

Unternehmenseigentümer können einen Anteil von mindestens 50 Prozent der Unternehmensbeteiligungen steuerbegünstig in einen Trust übertragen, dessen Begünstigte die Beschäftigten des Unternehmens sind. Die Eigentümer werden dann schrittweise aus den Unternehmensgewinnen ausgezahlt (Bsp. Iteratec / ggf. auch andere Konstruktionen förderbar wie bspw. Mitarbeiterbeteiligungsgesellschaften).

10. Pauschalbesteuerung für Sachzuwendung nach § 37b EStG auch für Mitarbeiterbeteiligungen öffnen

Nach § 37b EStG kann ein Arbeitgeber die Einkommenssteuer für Zuwendungen für die Arbeitnehmer bis zu einem Höchstbetrag von 10.000 Euro über einen pauschalen Steuersatz von 30 Prozent übernehmen. Dies gilt zuzüglich der Sozialabgaben, der Kirchensteuer und des Solidaritätszuschlags.

11. Vereinfachung und Entbürokratisierung bei der Begebung von Belegschaftsaktien

Das Deutsche Aktieninstitut hat bereits im Jahr 2014 einen angemessenen, rechtssicheren sowie unbürokratischen Rahmen bei der Beschaffung von Aktien gefordert, die an die Mitarbeiter ausgegeben werden. Neben verschiedenen aktienrechtlichen Unklarheiten ist hierbei insbesondere die steuerliche Gleichstellung der Kapitalerhöhung zur Aktienbeschaffung mit dem Aktienrückkauf von Bedeutung. Im Gegensatz zur Kapitalerhöhung sind die hierfür aufgebrachten Kosten abzugsfähig. Die Kapitalerhöhung stellt für das Unternehmen jedoch einen kostengünstigeren Weg zur Beschaffung von Aktien für Beteiligungsprogramme dar. Aktienbeteiligungsprogramme könnten somit für Unternehmen attraktiver gestaltet werden.

12. Rechtsicherheit bei der Unternehmensbewertungen durch Anpassung an internationale
Standards

Bei der Gewährung von Aktienbeteiligungen in nichtbörsennotierten Unternehmen sowie bei der Übertragung von Unternehmensanteilen im Rahmen einer Nachfolgeregelungen wird das Thema der Bewertung in der Praxis regelmäßig relevant. Die entsprechenden Vorgaben des Bewertungsgesetzes sind allerdings sehr vage, so dass es an klaren praxisorientierten Vorgaben mangelt. Im internationalen Kontext werden in verschiedenen Jurisdiktionen Bewertungsmethoden genutzt, die von deutschen Finanzverwaltungen nicht anerkannt werden.

Zum Positionspapier: Aktionskreis Mitarbeiterkapitalbeteiligung: 12 Punkte für eine Vereinfachung und spürbare Stärkung der Vermögensbildung und Teilhabe