Sachgrundlose Befristung: Verkürzung erfordert Sachgrund
Soll die Laufzeit eines bestehenden sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnisses verkürzt werden, bedarf dies eines sachlichen Grundes. Das hat das Bundesarbeitsgericht entschieden.
Ein Arbeitnehmer war von seinem Arbeitgeber ohne Sachgrund befristet eingestellt worden, als Vertragslaufzeit wurde die Zeit vom 15. Juli 2012 bis zum 31. Juli 2014 vereinbart. Die sachgrundlose Befristung über den Zeitraum von zwei Jahren hinaus war zulässig, weil ein auf das Arbeitsverhältnis anwendbarer Tarifvertrag die Möglichkeit einer sachgrundlosen Befristung mit einer Dauer von bis zu vier Jahren vorsah. Im Dezember 2012 wurde die Vertragslaufzeit dann abgekürzt und das Ende auf den 31. Juli 2013 festgesetzt.
Gegen diese Verkürzung wandte sich der Arbeitnehmer mit einer Befristungskontrollklage vor dem Arbeitsgericht. Er vertrat die Auffassung, die Befristung sei unwirksam, weil sie nicht durch einen Sachgrund gerechtfertigt und eine sachgrundlose Befristung nach § 14 Absatz 2 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) ausgeschlossen sei. Danach sei lediglich die Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrags ohne Sachgrund zulässig, nicht jedoch dessen Verkürzung. Der Arbeitgeber war hingegen der Meinung, die Befristung zum 31. Juli 2013 sei ohne Sachgrund zulässig, da mit ihr die Höchstbefristungsdauer nicht überschritten worden sei und die Regelung die Verkürzung der Vertragslaufzeit nicht verbiete. Das Arbeitsgericht entschied im Sinne des Arbeitnehmers, das Landesarbeitsgericht wies die Klage in der Berufung jedoch ab.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) gab in seinem Urteil dem Arbeitnehmer recht (Urteil vom 14. Dezember 2016, Aktenzeichen: 7 AZR 49/15). Zwar sei durch die vereinbarte Vertragslaufzeit vom 15. Juli 2012 bis zum 31. Juli 2013 die zulässige zweijährige Höchstbefristungsdauer nicht überschritten worden. Die Änderungsvereinbarung sei aber als neuer befristeter Arbeitsvertrag zu bewerten. Weil bereits ein sachgrundlos befristetes Vertragsverhältnis bestanden hatte, konnte nicht wirksam ein neues sachgrundlos befristetes Arbeitsverhältnis geschlossen werden. Der neue befristete Vertrag hätte aus Sicht des BAG also nur mit einem Sachgrund wirksam sein können.
Die BAG-Richter betonten, dass die sachgrundlose Befristung von Arbeitsverträgen einerseits dem Arbeitgeber die flexible Reaktion auf eine schwankende Auftragslage oder wechselnde Marktbedingungen ermöglichen soll, andererseits aber auch für den Arbeitnehmer eine Alternative zur Arbeitslosigkeit und eine Brücke zur Dauerbeschäftigung sein soll. Weil dieses Ziel durch die Verkürzung eines befristeten Arbeitsvertrags nicht erreicht werde, sei sie nicht von der Möglichkeit zur sachgrundlosen Befristung des § 14 Absatz 2 TzBfG abgedeckt.
Praxistipp des Mitgliedsverbandes VAA
Das BAG hat mit seinem Urteil klargestellt, dass eine nachträgliche Verkürzung eines sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnisses nicht ohne Sachgrund möglich ist. Zudem werden sich im Befristungsrecht voraussichtlich in nächster Zeit Änderungen der rechtlichen Rahmenbedingungen ergeben: Die Große Koalition hat in ihrem Koalitionsvertrag unter anderem die Absicht bekundet, die maximale Dauer der sachgrundlosen Befristung von 24 auf 18 Monate zu verkürzen und nur noch eine statt – wie bisher – drei Verlängerungen innerhalb dieses Zeitraums zuzulassen.
§ 14 Teilzeit- und Befristungsgesetz: Zulässigkeit der Befristung
Absatz 2: Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von zwei Jahren ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Eine Befristung nach Satz 1 ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. […]