ULA-Stellungnahme zum Entwurf eines Brexit-Steuerbegleitgesetzes – Brexit-StBG

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Zusammenfassende Bewertung

Die Vereinigung der deutschen Führungskräfteverbände ULA sieht in dem vom Bundesministerium der Finanzen (BMF) vorgelegten Referentenentwurf, soweit er die Einschränkung des Kündigungsschutzes für Leistungsträger vorsieht (§25a Kreditwesengesetz), eine Gefahr für das Erfolgsmodell Deutschland sowie den sozialen Frieden in den Unternehmen und lehnt diesen Bestandteil des Entwurfs aus folgenden Gründen ab.

Die ULA spricht sich entschieden gegen jedwede Koppelung von Kündigungsschutz und Einkommenshöhe aus. Es ist in keiner Weise ersichtlich, weshalb Arbeitnehmer mit einem eine gewisse Höhe übersteigenden Einkommen weniger schutzwürdig sein sollen, als andere Arbeitnehmer. Dies geht auch in keiner Weise aus der Gesetzesbegründung hervor.

Die ULA geht davon aus, dass eine Aufhebung des Kündigungsschutzes für einzelne Berufsgruppen, wie in dem Gesetz vorgesehen, nicht mit Art. 12 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG vereinbar und damit verfassungswidrig ist.

Eine Umsetzung des Vorhabens würde nicht nur die Absicherung der Risikoträger in Banken in nicht zu rechtfertigender Weise verschlechtern. Vielmehr besteht die Gefahr, dass auch die Interessen der weiteren Gruppen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland tangiert werden. Die ULA warnt davor, dass mittelfristig weite Teile der deutschen Leistungsträger als Folge dieses Dammbruches aus dem Kündigungsschutz gedrängt werden.

 

Begründung

Kein Eingriff in das deutsche Erfolgsmodell Soziale Marktwirtschaft

Die ULA wendet sich entschieden gegen den gefährlichen Paradigmenwechsel, welcher mit der geplanten Änderung des § 25a Abs. 5a des Kreditwesengesetzes verbunden ist, wonach bei Risikoträgern und Risikoträgerinnen bedeutender Institute, deren jährliche Vergütung das Dreifache der Beitragsbemessungsgrenze der allgemeinen Rentenversicherung im Sinne des § 159 SGB XI überschreitet, künftig nach Ausspruch einer Kündigung ein Auflösungsantrag gemäß § 14 Abs. 2 KSchG gestellt werden kann. Insoweit verliert diese Gruppe von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ihren Kündigungsschutz.

Der Kündigungsschutz von Arbeitnehmern, sei es, ob sie leitende oder nicht leitende Angestellte sind, ist ein wesentlicher Bestandteil des deutschen Erfolgsmodells der Sozialen Marktwirtschaft. Der deutsche Kündigungsschutz sorgt dafür, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis in einem konstruktiven Dialog auf Augenhöhe gestalten können, ohne dass die Arbeitnehmer bei jeder kritischen Äußerung vom Verlust ihres Arbeitsplatzes durch Kündigung bedroht sind. Jedwede Aufweichung des Kündigungsschutzes ist daher abzulehnen.

 

Deutsches Kündigungsschutzrecht kein Einstellungshemmnis

Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels ist „Verlässlichkeit“ ein wichtiger Standortfaktor im globalen Ringen um die besten Köpfe. Die hierzulande etablierten Regelungen sind ein Vorteil und kein Nachteil für den Standort. Deutschland steht nicht zuletzt dadurch nach den USA als Wunschzielland für Fachkräfte weltweit auf dem zweiten Platz (Studie: „Decoding Global Talent“, Boston Consulting Group – BCG, Juni 2018).

Es ist in keiner Weise ersichtlich, dass der Entzug des Kündigungsschutzes für eine kleine Gruppe von Risikoträgern in irgendeiner Weise die Attraktivität des Bankenstandortes Deutschland stärken könnte. Gerade die Tatsache, dass sich im Rahmen des Brexits viele Banken für den Standort Paris mit einem weitaus höherem Kündigungsschutzniveau als dem deutschen entscheiden, deutet darauf hin, dass für Standortentscheidungen in Folge des Brexits andere Aspekte ausschlaggebend sind, als das deutsche Kündigungsschutzrecht.

Laut einer aktuellen Erhebung der Helaba haben sich bereits 25 Brexit-Banken für den Finanzplatz Frankfurt als neuen Hauptsitz entschieden. Erst mit weitem Abstand folgen Paris (9), Luxemburg und Dublin (6) sowie Amsterdam (3) (Studie: „Finanzplatz Frankfurt – Koffer packen bei Brexit-Banken“, Helaba, September 2018).

Nicht vergessen werden sollte auch die große Zahl ausländischer Banken und Unternehmen, die sich seit vielen Jahren mit dem deutschen Kündigungsschutz arrangiert haben und hierzulande erfolgreich ihren Geschäften nachgehen.

 

Ausweitung auf weite Kreise der Leistungsträger befürchtet

Eine Einschränkung des Kündigungsschutzrechts für einzelne Berufsgruppen würde einer verfassungsrechtlichen Überprüfung, so ein vorliegendes Gutachten, nicht standhalten. Es besteht somit die Gefahr, dass durch das Vorhaben nicht nur die von den Initiatoren des Vorhabens beabsichtigten Top-Banker – sog. Risikoträger – sondern mittelfristig weite Teile der Leistungsträger der Realwirtschaft einbezogen werden. Dies wäre vom Koalitionsvertrag nicht gedeckt, so dass die Bundesregierung hier keinen politischen Auftrag hat.

Die heute geltenden eingeschränkten Rechte für „Leitende Angestellte“ betreffen zu Recht nur die kleine Gruppe aus dem breiten Kreis der Führungskräfte, die z.B. als Personalleiter oder Geschäftsbereichsleiter großer Unternehmen über das Recht verfügen, selbstständig Personal zu entlassen oder einzustellen.

Sowohl eine Verdienstgrenze als auch der Adressatenkreis jedweder Neuregelung können je nach politischen Kräfteverhältnissen künftig beliebig ausgestaltet werden. Der Kündigungsschutz darf jedoch niemals zum politischen Spielball werden. Dies wäre Wasser auf die Mühlen derer, die unseren Staat auseinandertreiben wollen.

 

Fazit: Kündigungsschutz nicht aufweichen

In zahlreichen direkten Gesprächen unserer Sprecherausschüsse mit ihren Unternehmensleitungen wurde bekräftigt, dass in den Betrieben kein Wunsch nach einem Systemwechsel besteht. Mit dem Ziel, den sozialen Frieden in den Unternehmen zu wahren, muss weiterhin der Grundsatz „Bestandsschutz vor Abfindungsschutz“ gelten. Auch Bezieher hoher Einkommen sind von ihren Arbeitgebern abhängig. Schutz und Verlässlichkeit dürfen niemals nur dem zuteilwerden, der finanzielle Bedürftigkeit nachweisen kann.

Die Führungskräfte unterstützen das Ziel, den Bankenstandort Deutschland und hier insbesondere Frankfurt zu stärken. Wir warnen jedoch davor, einen Systemwechsel in einem so wichtigen und allerorts geschätzten Baustein unseres Sozialstaates aus kurzfristigen, in ihrer Notwendigkeit nicht belegten und arbeitsmarktpolitisch nicht tragfähigen Erwägungen einzuleiten.

Im Ergebnis lehnt die ULA daher den Gesetzentwurf ab.

 

(Die ULA-Stellungnahme als PDF-Download finden Sie hier.)