Suche nach dem richtigen Motor

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Es herrscht viel Bewegung in der Automobilindustrie, einer der zentralen Leitbranchen der deutschen Wirtschaft. Zur Diskussion um überhöhte Emissionswerte hat die ULA über das Umfragepanel Manager Monitor ein Meinungsbild eingeholt. Demnach sprechen sich Führungskräfte in Deutschland für eine Förderung moderner Antriebstechnologien wie etwa der Brennstoffzelle aus. Allgemein ist der Verbrennungsmotor aber noch nicht ohne Weiteres zu ersetzen.

Entscheidungsträger in Wirtschaft und Politik haben sich die Aufgabe gestellt, binnen kurzer Frist strategische Weichenstellungen für die Zukunft zu treffen. Dabei ist die technologische Entwicklung noch mitten im Fluss und ihre künftige Richtung auch für Experten schwer prognostizierbar. Aufgrund der hohen übergeordneten Bedeutung hat die Führungskräftevereinigung ULA, die Führungskräfte aus allen Bereichen der deutschen Wirtschaft vertritt, sich dieses Themas angenommen. Mitte September hat sie ihre Mitglieder über das Panel Manager Monitor befragt. An der Befragung nahmen 320 Personen teil, davon 80 Prozent aus Industriebranchen wie der chemischen Industrie, anderen Industriebranchen und der Energieerzeugung. Die Ergebnisse zeigen zunächst, dass Führungskräfte auf kurze Sicht harte gesetzgeberische Reaktionen mehrheitlich ablehnen. Verkaufs- und Zulassungsverbote für Autos mit Verbrennungsmotoren werden nur von einer Minderheit befürwortet. Dies gilt sowohl mittelfristig (ab 2030: 22 Prozent) als auch langfristig (ab 2040: 35 Prozent). Ähnlich niedrig liegt die Zustimmung zu Fahrverboten in Innenstädten für Fahrzeuge, welche die Euronorm 6 nicht erfüllen: nämlich bei 30 Prozent.

Rund die Hälfte der befragten Führungskräfte tritt für zusätzliche Kaufanreize für Autos mit nicht-fossilem Antrieb (54 Prozent) sowie, eher überraschend, ein EUweites Tempolimit auf Autobahnen (48 Prozent) ein. Mehrheitlich befürwortet werden eine Besteuerung von Dienstwagen an Hand von Emissionswerten (62 Prozent), mehr staatliche Investitionen für den Aufbau einer effektiven Ladeinfrastruktur für erforderlich (72 Prozent) sowie effektivere Kontrollen über die Einhaltung von Vorschriften über den Flottenverbrauch von Fahrzeugen (79 Prozent).

Weitere Fragen widmeten sich Prognosen über künftige Entwicklungen bei den Antriebstechnologien von Kraftfahrzeugen. Zwar wurde der Qualifikationshintergrund der Teilnehmer nicht abgefragt, aber in ULA-Verbänden sind traditionell Personen mit technisch-naturwissenschaftlichem Hintergrund deutlich überrepräsentiert. Technisches Grundlagenwissen kann daher bei der Mehrzahl der Teilnehmer unterstellt werden.

Verbrennungsmotor nicht ohne Weiteres ersetzbar

Um eine allgemeine Einschätzung gebeten, zeigt sich, dass 80 Prozent der Auffassung sind, der Verbrennungsmotor sei nicht ohne Weiteres ersetzbar (53 Prozent: trifft zu, 27 Prozent: trifft eher zu). Viele Befragte sorgen sich aber um die wirtschaftlichen Konsequenzen einer Abkehr vom „Verbrenner“. 64 Prozent der Panelmitglieder fürchten, dass Arbeitsplätze in Deutschland gefährdet sein werden, sollte es dazu kommen.

Insgesamt 63 Prozent der Umfrageteilnehmer sind der Auffassung, dass die deutsche Automobilbranche ihre Wettbewerbsposition unabhängig von den künftigen Entwicklungen in der Antriebsfrage verteidigen kann. Doch der Anteil von Befragten welche die zweite von vier Antwortkategorien („trifft eher zu“) gewählt haben ist mit 44 Prozent relativ hoch. Weitere 25 Prozent haben die Antwortkategorie „weiß nicht“ gewählt. Dies lässt auf latente Sorgen um negative wirtschaftliche Konsequenzen für die deutsche Wirtschaft schließen.

Förderung von Brennstoffzelle und Elektromotoren favorisiert

Auf welche Antriebstechnologie sollten Wirtschaft und Politik ihre künftigen Forschungs- und Förderungsaktivitäten konzentrieren? Bei den Befragten liegt die Brennstoffzelle (88 Prozent) sogar noch knapp vor dem Elektroantrieb (87 Prozent). Dies ist ein deutlicher Kontrast zur politischen Diskussion, wo sich der Eindruck einer Vorfestlegung auf die Elektromobilität als „die“ Zukunftstechnologie förmlich aufdrängt. Erdgasmotoren als weitere fossile Variante und Methanolmotoren halten jeweils knapp 50 Prozent für förderwürdig. Andere Verbrennungsmotoren scheinen aus Sicht der Befragten hingegen ihr Potenzial weitgehend ausgereizt zu haben. Bei der Beurteilung der Förderwürdigkeit liegt der Benzinmotor bei den Befragten mit 17 Prozent überraschenderweise hinter dem Dieselmotor (20 Prozent).

Aktive staatliche Förderung neuer Technologien gewünscht

Eine letzte Frage beschäftigte sich mit den konkreten Erwartungen der Führungskräfte an die Politik. Hier ergibt sich eindeutiges Bild: Ein „Nichtstun“, also eine komplette Zurückhaltung, wird nur von zehn Prozent unterstützt. Ein „Eingraben“ ist für die Mehrzahl der Befragten ebenso wenig eine gangbare Option. Lediglich zehn Prozent befürworten eine aktive Industriepolitik im Sinne einer Verteidigung des Status quo. Auch ein passiver oder nur reaktiver Politikansatz, der sich auf eine Begleitung eines möglichen Strukturwandels mit Instrumenten der Sozial- und Arbeitsmarktpolitik beschränken würde, findet mit 34 Prozent keine mehrheitliche Zustimmung. Hingegen erwarten fast alle Befragten (90 Prozent) eine aktive Förderung neuer Technologien durch die Regierung. Aus Sicht der Führungskräfte zeichnet sich hier eine wichtige Priorität und eine der vorrangigen Aufgaben für den am 24. September 2017 neu gewählten Bundestag und die künftige Bundesregierung ab. Die ULA wird diese Diskussion in den kommenden Monaten kontinuierlich begleiten.