ULA-Stellungnahme zum Zweiten Betriebsrentenstärkungsgesetz – BRSG II

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Der Deutsche Führungskräfteverband ULA e.V. ist die Stimme für Leistung und Verantwortung. Die ULA vertritt die politischen Interessen der Führungskräfte gegenüber Regierung und Parlament sowohl in Berlin als auch in Brüssel. Mit 13 Mitgliedsverbänden bildet sie den größten Zusammenschluss von Führungskräften in Deutschland. Die ULA ist Gründungsmitglied in der CEC – European Managers, dem von der EU-Kommission als Sozialpartner anerkannten europäischen Dachverband für Führungskräfte, der rund eine Million Mitglieder aus 15 Ländern vertritt.

 

1. Zusammenfassende Bewertung

Der Deutsche Führungskräfteverband ULA sieht in dem vorliegenden Referentenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales und des Bundesministeriums der Finanzen einen geeigneten Beitrag, um der richtigen Zielsetzung des Koalitionsvertrags der drei Ampelparteien gerecht zu werden, die betriebliche Altersversorgung (bAV) zu stärken. Ebenso begrüßen die Führungskräfteverbände das Ziel von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP, dass dem Sozialpartnermodell, welches mit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz bereits in der vorletzten Legislaturperiode auf den Weg gebracht wurde, endlich zum Durchbruch verholfen werden soll.

 

2. Begründung

Die Altersvorsorge wird in Deutschland durch das 3-Säulen-Modell bestehend aus gesetzlicher Deutscher Rentenversicherung (GRV), betrieblicher Altersversorgung (bAV) und privater Vorsorge (PV) gewährleistet. Vor dem Hintergrund, dass die staatliche Absicherung in Form der GRV nur einen gedeckelten Baustein der Altersvorsorge darstellt, kann nur eine zukunftssichere Ausgestaltung aller Altersversorgungs-Säulen sowie eine umfassende Aufklärung über deren Zusammenwirken gerade die junge Generation zur erforderlichen Vorsorge bewegen.

Insbesondere für Fach- und Führungskräfte kommt der zweiten Säule eine hohe Bedeutung zu, um die teils große Versorgungslücke zwischen der gesetzlichen Absicherung und dem vor Renteneintritt erzielten Einkommen abzusichern. Der bAV kommt ferner eine gewichtige Rolle als Instrument der Mitarbeiterbindung gerade in Zeiten des Fachkräftemangels zu. Im Folgenden nimmt die ULA zu den für angestellte Fach- und Führungskräfte relevanten geplanten Novellierungen im Detail Stellung.

 

2.1 Abfindungsgrenzen und -optionen (§ Abs 2a Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung – BetrAVG)

Die geplante Erhöhung der Abfindungsgrenze, wenn der Abfindungsbetrag in die GRV eingezahlt wird, ist unter der zwingenden Maßgabe der Einvernehmlichkeit im Grundsatz zu begrüßen.

Künftig sollen Arbeitgeber eine Anwartschaft mit Zustimmung des Arbeitnehmers abfinden können, wenn der Monatsbetrag der aus der Anwartschaft resultierenden laufenden Leistung bei Erreichen der vorgesehenen Altersgrenze 2 vom Hundert, bei Kapitalleistungen 24 Zehntel der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch nicht übersteigt und der Abfindungsbetrag vom Arbeitgeber unmittelbar zur Zahlung von Beiträgen zur GRV verwendet wird.

Die Bereinigung der Anwärterbestände um kleine, kaum für die Versorgung relevante Ansprüche kann einen spürbaren Beitrag leisten, Verwaltungskosten einzusparen und die Effizienz zu erhöhen und somit die Akzeptanz und die Verbreitung des Instrumentes bAV auf Arbeitgeberseite zu erhöhen.

Wichtig erscheint aus Sicht des Deutschen Führungskräfteverbands ULA eine angemessene steuerliche und beitragsrechtliche Flankierung in Bezug auf die Behandlung des Auszahlungsbetrages sicherzustellen. Ziel muss es sein, ausscheidende Beschäftigte mit Blick auf deren Altersvorsorge nach der Abfindung nicht schlechter zu stellen.

Die geplante Auszahlung der Abfindungsbeträge an die GRV ist geeignet, den Versorgungscharakter zu erhalten. Im Grundsatz widerspricht dies aber dem Ziel, die Absicherung des Lebensstandards aus allen drei Säulen und einer Mischung aus Umlage- und Kapitaldeckung sicherzustellen.

Wichtig erscheint aus Sicht der Fach- und Führungskräfte, dass die Möglichkeiten zur Mitnahme von Anwartschaften in der Praxis transparent und gut nutzbar bleiben. Von daher ist zu begrüßen, dass der Referentenentwurf hier keine Schlechterstellung vorsieht.

Notwendig erscheint aus Sicht der Führungskräfteverbände eine praxistaugliche Festlegung, wie der Beitragstransfer erfolgen soll, damit der Beitrag von der GRV zugeordnet werden kann. Ist hier kein klares System vorhanden, droht eine Rücküberweisungen an die Arbeitgeber.

 

2.2 Abfindungen von Pensionskassen-Anwartschaften (§ 3 Abs 7 BetrAVG)

Diese vorgeschlagene Regelung zur Abfindung von Pensionskassen-Anwartschaften erscheint bei Begrenzung der Anwendung auf kleine beziehungsweise geschlossene Pensionskassen ohne Anwärter gemäß der in der Begründung genannten Zielsetzung folgerichtig. Dies kann auch als Folge stark gestiegener regulatorischer Anforderungen gesehen werden. Eine unwirtschaftliche Fortführung ist dabei oftmals nicht im Interesse der Versicherten.

Mit Genehmigung des Beschlusses zur Auflösung einer Pensionskasse nach § 199 Absatz 2 Satz 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes und der Auszahlung des gebildeten Kapitals an den Versorgungsberechtigten soll die entsprechende Anwartschaft oder laufende Leistung als abgefunden gelten.

Mit Blick auf die betroffenen Beschäftigten ist diese Regelung jedoch zu weitreichend, da sämtliche arbeitsvertraglichen Verpflichtungen erlöschen könnten, wenn beispielsweise versicherungsförmige Lösung des §16 Abs 3 oder die 1-Prozent-Anpassung nicht greifen.

Aus Sicht der ULA gilt es noch wirksam sicherzustellen, dass eine weitergehende Anwendung auf Pensionskassen, die noch Anwärter haben, ausgeschlossen bleibt.

 

2.3 Vorzeitige Altersleistungen (§ 6 BetrAVG) 

Die Möglichkeit zur vorzeitigen Inanspruchnahme von Betriebsrenten, auch wenn diese eine Teilrente beziehen, schafft mehr Flexibilität für Arbeitnehmer und wird von der ULA befürwortet.

Arbeitnehmende, die Altersrente aus der GRV in Anspruch nehmen, sollen auf ihr Verlangen künftig nach Erfüllung der Wartezeit und sonstiger Leistungsvoraussetzungen Leistungen der bAV gewährt werden. Die Einschränkung, dass dies nur bei Inanspruchnahme einer Vollrente gilt, soll entfallen.

 

2.4 Insolvenzsicherung (§ 9 BetrAVG)

Die geplante Eröffnung eines digitalen Kommunikationswegs zwischen dem Pensions-Sicherungs-Verein (PSVaG) ist aus Sicht der ULA zeitgemäß und zu begrüßen. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass eine Einwilligung des Berechtigten zur Nutzung eines technischen Verfahrens Voraussetzung ist.

 

2.5 Optionssysteme, Tarifvertrag und Entgeltumwandlung (§§20, 21 BetrAVG)

Grundsätzlich positiv sieht die ULA die Vereinfachung der Gestaltungsmöglichkeiten, die künftig den Tarifvertragsparteien für die Vereinbarung von Sozialpartnermodellen zukommt.

Die ULA bewertet das Zulassen von Opting-Out-Systemen zur automatischen Entgeltumwandlung auf Betriebsebene bei gegebener finanzieller Beteiligung der Arbeitgeber im Grundsatz als richtigen Weg.

Diese sollen künftig auch ohne tarifvertragliche Grundlage in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung geregelt werden können, wenn der Arbeitgeber mindestens 20 Prozent des umgewandelten Entgelts als Arbeitgeberzuschuss hinzugibt. Die Maßnahme erscheint geeignet, um zur weiteren Verbreitung der bAV beizutragen.

Nicht hinreichend gelöst erscheint die Regelung mit Blick auf die Zielsetzung, den Zugang zum Sozialpartnermodell zu erleichtern, der Bereich, in denen Gewerkschaften kein entsprechendes Modell vereinbart haben und voraussichtlich auch künftig keines vereinbaren werden.

Die ULA steht der geplanten Regelung, wonach eine mangelhafte Beteiligung eines der Sozialpartner künftig nicht zur Unwirksamkeit der reinen Beitragszusage führen soll, im Grundsatz positiv gegenüber, da es hier um die Verhältnismäßigkeit und Begrenzung der Risiken für die Beteiligten handelt. Die Beteiligungspflicht soll dem Referentenentwurf nach entfallen, wenn ein Tarifvertrag vorsieht, die Organisations- und Durchführungsstrukturen eines bestehenden Sozialpartnermodells zu nutzen.

Auch die fünf klassischen Durchführungswege der bAV stellen sicher, die die Bedürfnisse von Unternehmen und Arbeitnehmern abzudecken. Diese Instrumente sind aus Sicht des Deutschen Führungskräfteverbands zu erhalten, um Unternehmen und Arbeitnehmern die Wahlfreiheit zu ermöglichen.

 

2.6 Einkommenssteuergesetz / Förderbetrag zur betrieblichen Altersversorgung (§ 100 Einkommenssteuergesetz – EStG)

Die ULA begrüßt die geplante Verbesserung der Förderung von Beschäftigten mit geringem Einkommen. Das Ziel, die Rahmenbedingungen insbesondere in solchen Bereichen zu verbessern, in denen die bAV bislang unterdurchschnittlich verbreitet ist, wird ausdrücklich von der ULA unterstützt.

Die geplante Anhebung des jährlichen Förderhöchstbetrags von 288 Euro auf maximal 360 Euro (bei Beibehaltung der 30 Prozent-Grenze des zusätzlichen Arbeitgeberbeitrags) ist ein erster Schritt, die Attraktivität der bAV gerade für Bezieher geringer Einkommen zu erhöhen. Die Geringverdienerförderung sollte dabei für alle Zusagearten gelten.

Die Dynamisierung der Einkommensgrenzen durch eine Koppelung an die Beitragsbemessungsgrenze (BBG) der GRV ist zu begrüßen.

Weiteren Optimierungsbedarf sieht die ULA mit Blick auf den Bürokratieabbau. Das immer noch bestehende Schriftformerfordernis in den §§ 4d und 6a EStG belastet die Unternehmen zunehmend, da alle Prozesse weitgehend digitalisiert sind und diese in vielen Fällen portalbasiert arbeiten. Die ULA unterstützt Forderungen, wonach das Schriftformerfordernis im Steuerrecht in den §§ 4d und 6a EStG durch ein Textformerfordernis ersetzt wird.

 

2.7 Anlageformen (§§2, 3 AnlV)

Die ULA begrüßt das Ziel des Koalitionsvertrags, die bAV unter anderem durch die Erlaubnis von Anlagemöglichkeiten mit höheren Renditen zu stärken, ausdrücklich. Voraussetzung ist, dass die Arbeitnehmenden eine Wahlfreiheit zwischen Risiko- und Sicherheitsorientierung haben.

Unter anderem wird die neu geschaffene Möglichkeit zur Kapitalanlage der Pensionskassen begrüßt, wonach direkte und indirekte Anlagen zur Finanzierung von Infrastrukturprojekten im Umfang von bis zu 5 Prozent des Sicherungsvermögens nicht auf die Quoten der beschränkten Anlageformen angerechnet werden sollen.

 

2.8 Fortsetzung der Lebensversicherung nach der Elternzeit

Die Neuregelung der Wiederinkraftsetzung von Lebensversicherungen nach entgeltlosen Zeiten wird von der ULA begrüßt, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern und der heutigen größeren Vielfalt von Lebensmodellen besser gerecht zu werden.

So soll eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer nach Rückkehr aus einer entgeltlosen Zeit innerhalb von drei Monaten den beitragsfrei gestellten Vertrag zu alten Konditionen weiterführen können. Zuvor galt dies nur für Rückkehrende aus der Elternzeit.

 

3. Fazit

Die ULA bewertet den vorliegenden Referentenentwurf positiv, wirbt aber für eine weitergehende Stärkung der betrieblichen Altersversorgung, um dieses Instrument wieder attraktiv zu machen. Hierzu zählt beispielsweise der vollständige Abbau der Doppelverbeitragung von Betriebsrenten. Die ULA fordert die Rückkehr zum normalen Beitragssatz für den Arbeitnehmeranteil.

Stellungnahme der ULA – Deutscher Führungskräfteverband zum Zweiten Gesetz zur Stärkung der betrieblichen Altersversorgung und zur Änderung anderer Gesetze (Zweites Betriebsrentenstärkungsgesetz – BRSG II)