Verfall von Resturlaub: Informationspflicht des Arbeitgebers
Der Anspruch eines Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub erlischt am Ende des Kalenderjahres nur, wenn der Arbeitgeber ihn zuvor über seinen konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallfristen belehrt und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat. Diese Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes aus dem Februar 2019 wird erstmalig beim anstehenden Jahreswechsel relevant.
Ein Arbeitnehmer hatte nach der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses Ende 2013 erfolglos von seinem Arbeitgeber die Abgeltung von nicht genommenem Urlaub im Umfang von 51 Arbeitstagen aus den Jahren 2012 und 2013 verlangt. Einen Antrag auf Gewährung dieses Urlaubs hatte er während des Arbeitsverhältnisses nicht gestellt. Der Arbeitnehmer klagte erfolgreich vor dem Arbeitsgericht und dem Landesarbeitsgericht.
Das Bundesarbeitsgericht hat im Februar 2019 bestätigt, dass der Jahresurlaub nicht ohne Weiteres verfällt, weil der Arbeitnehmer ihn nicht beantragt hat (Urteil vom 19. Februar 2019, Aktenzeichen 9 AZR 541/15). Damit hat das höchste deutsche Arbeitsgericht seine Rechtsprechung angepasst. Bis dahin galt der Grundsatz, dass nicht gewährter Urlaub zum Jahresende selbst dann verfiel, wenn der Arbeitnehmer den Arbeitgeber rechtzeitig, aber erfolglos aufgefordert hatte, ihm Urlaub zu gewähren. Der Arbeitnehmer konnte unter bestimmten Voraussetzungen Schadensersatz verlangen, der während des Arbeitsverhältnisses auf Gewährung von Ersatzurlaub und nach dessen Beendigung auf Abgeltung der nicht genommenen Urlaubstage gerichtet war.
Mit dem neuen Urteil hat das BAG seine Rechtsprechung den Vorgaben des Europäischen Gerichtshofes angepasst. Demnach muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer zwar nicht von sich aus Urlaub gewähren. Er trägt jedoch die sogenannte Initiativlast für die Verwirklichung des Urlaubsanspruchs. Somit kann der Verfall von Urlaub in der Regel nur eintreten, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor konkret aufgefordert hat, den Urlaub zu nehmen, und ihn klar und rechtzeitig darauf hingewiesen hat, dass der Urlaub anderenfalls mit Ablauf des Urlaubsjahres oder Übertragungszeitraums erlischt. Im Ergebnis verwies das BAG den Fall zurück an das Landesarbeitsgericht, das klären muss, ob der Arbeitgeber seinen Obliegenheiten nachgekommen ist.
VAA-Praxistipp
Mit seinem Urteil hat das BAG die jüngsten Vorgaben des Europäischen Gerichtshofes zum Verfall von Urlaubsansprüchen nachvollzogen und so die Rechte der Arbeitnehmer gestärkt. Die neue Rechtsprechung gilt bereits für Urlaub, der zum Jahreswechsel 2019/2020 verfallen soll.