Why Y? Darum braucht der VAA die Generation Y!
Warum haben Vereine, Parteien und Gewerkschaften oft Probleme damit, junge Leute anzusprechen? Weil sie nicht ihre Sprache sprechen und kaum Berührungspunkte haben, weiß die Botschafterin der sogenannten Generation Y Dr. Steffi Burkhart. Unter diesem Begriff werden die zwischen 1980 und 1995 geborenen Menschen häufig zusammengefasst. In der Tat hat der VAA weit mehr ältere als jüngere Mitglieder – und gehört mit einem Durchschnittsalter von knapp 51 Jahren sogar noch zu den „jungen“ Gewerkschaften. Auch die Zahl der VAA-Mitglieder unter 30 Jahren steigt stetig, wie die letzte Mitgliederstatistik zeigt. Dennoch geht der Verband nicht ausreichend auf die Bedürfnisse der Millennials ein, erklärt Burkhart im Interview mit dem VAA.
VAA: Wie kann man als Verband junge Leute ansprechen und authentisch bleiben, ohne aufgesetzt jugendlich zu wirken? Man sollte ja keine Versprechen geben, die man selbst nicht einhalten kann.
Burkhart: Es ist wichtig, transparent, echt und authentisch zu bleiben. Aber es kann bereits hilfreich sein, für mehr Erreichbarkeit der jungen Zielgruppe in der eigenen Kommunikation zu sorgen. Man sollte nach Berührungspunkten suchen und sie dort setzen, wo sie fehlen. Ein Beispiel: Junge Menschen sind mobiler als ältere. Da frage ich mich, ob solche Leute überhaupt interessiert sind an festen, regionalen und stationären Treffen einer bestimmten Gruppe. Muss man da nicht als Verband an seinen Strukturen und Denkansätzen etwas verändern, um auch mobile Menschen besser einzubinden? Viele junge außertarifliche Mitarbeiter sind auch international aufgestellt und viel unterwegs. Diesen Ansprüchen muss man gerecht werden. Da spielt es jetzt nicht unbedingt eine Rolle, ob man in einer coolen, hippen Sprache kommuniziert, mit der sich die älteren Generationen nicht mehr abgeholt fühlen. Wichtig ist, entsprechend den Bedürfnissen zu kommunizieren. Die Kommunikation muss alle mitnehmen. Hier kann man sich einiges von Onlineplattformen abgucken, die auch junge Menschen gern nutzen.
VAA: Für viele Organisationen, die auf ehrenamtlicher Arbeit basieren, ob Parteien oder Gewerkschaften, ist es insgesamt schwieriger geworden, junge Menschen zu begeistern. Was ist das Besondere an der Generation Y?
Burkhart: Gerade wenn es ums Ehrenamt geht, ist Zeitknappheit ein großes Thema. Unsere Generation ist Ende 20, Anfang 30, Mitte 30 – viele wollen eine Karriere beginnen und gleichzeitig eine Familie gründen. Das ist genau die Rushhour des Lebens. Wo bleibt da der Raum für ehrenamtliche Arbeit? Das ist schwierig, vor allem, wenn es ortsbezogene Arbeit mit trägen Strukturen ist.
Das ist ein Hinderungsgrund für viele junge Menschen. Man braucht hier die moderne Informations- und Kommunikationstechnologie, um zeit- und ortsunabhängig auch ehrenamtlich arbeiten zu können. Dann ist es egal, wie viel Zeit man zu einem bestimmten Zeitpunkt investieren kann. Auch die Individualisierung ist bei jungen Menschen stark ausgeprägt. Man arbeitet einige Jahre im Unternehmen, wechselt die Jobs, arbeitet im Ausland, wechselt vielleicht die Branche, macht ein Sabbatical – der Zickzackkurs wird zur neuen Realität. Trotzdem ist das Wir-Gefühl bei der Generation Y stark ausgeprägt. Man ist gern in Peer-to-Peer-Groups unterwegs und fühlt sich miteinander verbunden.
VAA: Auch aus Ihrer eigenen Erfahrung: Worauf kommt es an, um als Führungskraft junge Mitarbeiter abzuholen?
Burkhart: Ich glaube, dass man zwischen Management und Leadership differenzieren muss. Um Menschen zu führen, muss man sich für Menschen interessieren und nicht nur für Zahlen. Dies wurde in der Vergangenheit wenig gelebt, auch in Auswahlverfahren für Führungskräfte. Wir wissen, dass gerade junge Leute extrem viel Wert auf Weiterentwicklung und gute Menschenführung legen. Ein weiterer Punkt ist die Fachexpertise: Wer besonders gut in seinem Fach ist, sollte besser auch in seinem Fach bleiben, wenn er nicht wirklich führen möchte. Wer ein Topexperte ist, muss kein guter Teamleiter sein. Es sollte Optionen geben, dass Führungskräfte ihre Führungsrollen ohne Gesichtsverlust wieder abgeben können, wenn sie nach einem halben Jahr merken, dass ihnen die Rolle nicht passt.
Die ausführliche Fassung dieses Interviews erscheint in der Oktoberausgabe des VAA Magazins.
Dr. Steffi Burkhart ist als Top-Speakerin eines der prominentesten Sprachrohre der Generation Y. Sie lehrt an verschiedenen Hochschulen. Steffiburkhart.com.